17. HWN-Tour: Wanderung im Norden von Sangerhausen
„Für den Liebenden ist auch im Winter Frühling.”
– Sprichwort aus Russland
Uns fällt die Decke auf den Kopf! Weihnachten zu feiern ist zwar schön und gut, aber B. und mir liegt es einfach nicht, über die ganzen Feiertage zu Hause zu hocken. Stattdessen machen wir zwei Wandertouren – natürlich im Harz.
Wir haben zurzeit ein mildes Klima. Kein Schnee. Auch nicht im Harz, jedenfalls nicht im Südharz. Hier herrscht eher herbstliches Wetter mit einem leichten Regen, also kein Grund zuhause zu bleiben. Wir haben uns für 3 Tage eine Übernachtung in Sangerhausen gesucht und werden hier 2 große Wandertouren machen.
Sangerhausen und seine Highlights
Sangerhausen ist eine Stadt im Südharz, die in der „Goldenen Aue” liegt. Als „Goldene Aue” wird die Landschaft zwischen dem Harzsüdrand und dem Kyffhäuser bezeichnet. Es ist ein sehr stark landwirtschaftlich geprägtes Gebiet, da sie einen sehr fruchtbaren Boden aufweist.
Die mit über 27.000 Einwohnern große Kreisstadt Sangerhausen wird auch als Berg- und Rosenstadt bezeichnet. Der Bergbau war einst hier ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Heutzutage kann man sich im ErlebnisZentrum Bergbau Röhrigschacht Wettelrode ein Bild über die Geschichte darüber machen.
Jeder Rosen-Fan sollte Sangerhausen kennen, weil sich hier die größte Rosensammlung der Welt befindet. Über 8.300 verschiedene Rosensorten sind auf etwa 13 ha Fläche im Europa-Rosarium ausgestellt. Zu den Highlights zählen die „Schwarze Rose” und die „Grüne Rose”. Sollte man unter den Tausenden Rosen „seine“ Rose gefunden haben, ist es sogar möglich, eine Patenschaft dafür zu übernehmen.
Neben den Ausflugszielen in Sachen Rosen und Bergbau ist Sangerhausen auch ein guter Ausgangspunkt, um sowohl den Südharz zu Fuß zu entdecken, als auch den Kyffhäuser, ein Mittelgebirge südöstlich vom Harz.
Der Kyffhäuser ist ein ebenfalls beliebtes Wanderziel, doch auf unseren zwei geplanten Touren werden wir ihn nur von Weitem erblicken können, denn wir werden hauptsächlich im Norden von Sangerhausen – also genau am Harzsüdrand – unterwegs sein.
Die erste Tour wird genau im Norden von Sangerhausen verlaufen, dabei haben wir es auf drei Stempelstellen abgesehen.
Der Aussichtsturm Moltkewarte
Der Ausgangspunkt unserer ersten Wanderung beginnt am Bahnhof Sangerhausen. Von hier aus geht es zuerst in Richtung Westen. Wir folgen der Lengefelder Straße und biegen in die Morunger Straße ein. Es geht unter einen Eisenbahnführung weiter nach Norden. Es folgt eine asphaltierte Straße nach der anderen und es dauert nahezu eine Stunde, bis wir endlich einen Wald erreicht haben.
Hier führt uns ein Wanderschild zur Moltkewarte. Endlich! Nur auf Asphalt zu wandern ist auf Dauer eher langweilig. Auf dem Weg dorthin hatten wir immer einen markanten Kegel im Blick. Doch er ist erst später ein Ziel von uns.
Es geht jetzt nach oben. Wir müssen etwa 100 Höhenmeter überwinden, bis wir die Spitze des „Schlösschenkopf” (310 m ü. NHN) erreichen.
Geschafft!
Nur noch ein paar Meter und der erste Stempel wird in unser Stempelheft gedrückt.
Gegenüber der Stempelstelle steht einer der wohl schönsten Aussichtsstürme im Harz. Der Turm wurde zum Gedenken an Helmuth von Moltke (1800 – 1881) erbaut. Er war ein preußischer Generalfeldmarschall und hatte einen wesentlichen Anteil an den deutschen Siegen im Deutsch-Dänischen Krieg, im Preußisch-Österreichischen Krieg und im Deutsch-Französischen Krieg.
Neben der historischen Bedeutung des Turmes hat er auch eine geologisch interessante Geschichte. Dazu schauen wir uns mal den Turm näher an.
„Fischeier” am Turm
Man muss sehr nah an dem Turm herangehen, um die Besonderheit zu erkennen. Das Gestein, aus dem der Turm erbaut wurde, scheint aus kleinen, wenigen Millimeter großen Kügelchen zu bestehen.
Es ist der sogenannte „Rogenstein”: ein Sedimentgestein aus Kalk, das sich in einem sehr salzhaltigen und unruhigen Flachmeeren des Trias vor etwa 240 Millionen Jahren gebildet hatte. Durch die Bewegungen wurden die kleinen Kalkkügelchen geformt und anschließend abgelagert. Dieses Gestein ist an den Harzrandgebieten als auch im Harzvorland recht häufig anzutreffen.
Dieses Gestein als Baumaterial für die Moltkewarte wurde in der Nähe in mehreren kleinen Steinbrüchen gewonnen. Auch die Grundmauern von einigen Häusern in Sangerhausen und Umgebung bestehen aus Rogenstein.
Der Name „Rogen” ist leicht erklärt : Als „Rogen“ werden allgemein Fischeier bezeichnet. Und schaut man sich das Gestein näher an, kann man eine Ähnlichkeit mit Fischeiern nicht verleugnen.
Leider können wir nicht die Aussichtsplattform des Turm besteigen, da dies nur in den Sommermonaten möglich ist. Eigentlich schade – aber auch irgendwie nicht. Denn ob wir oben eine bessere Sicht auf das Umland hätten, als jetzt am Fuße des Turmes, ist fraglich. Wir vermuten eher nicht.
Wir folgen jetzt weiter den Weg nach Norden und lassen die Moltkewarte und die Stempelstelle hinter uns. Lobend zu erwähnen wäre noch, das der Zugang zum Turm barrierefrei gestaltet wurde. Was zuerst wie ein Fahrradweg aussieht, ist in Wirklichkeit eine Vorrichtung für Rollstuhlfahrer. So eine Vorrichtung finde ich sehr gut, zumal ich das bisher bei keinem anderen Aussichtsturm im Harz beobachten konnte.
Kegel immer im Blick
Unsere nächste Stempelstelle ist das Schaubergwerk Röhrigschacht, doch statt direkt weiter in den Norden zu gehen, machen wir ein Umweg. Wir möchten den hohen Kegel der Schachthalde Hohe Linde einem Besuch abstatten. Einen so markanten Punkt in der Landschaft müssen wir einfach mal aus der Nähe betrachten.
Wander- oder Weghinweise sind hier fast unnötig, da der Kegel nicht zu übersehen ist und so lassen wir uns einfach von einem asphaltierten Weg immer Näher zum Kegel führen.
Auf dem Weg kommen wir an einem Schild vorbei, das uns darauf aufmerksam macht, dass wir uns jetzt im Naturerlebnisbereich „Hoher Berg” befinden. Leider zeigt das Schild das Gebiet nur als ökologische Wanderkarte auf. Weitere nähere Informationen über das Gebiet fehlen hier.
Der Weg führt uns letztendlich rechtsherum um den Kegel bis wir uns genau vor der Aufstieg zur Halde wieder finden.
Die Spitzkegelhalde „Hohe Linde”
Die Spitzkegelhalde ist ein Geopunkt vom Geopark „Harz. Braunschweiger Land. Ostfalen”. Die Halde ist etwa 145 m hoch und darf nur zweimal im Jahr bestiegen werden. Diese Termine liegen jeweils einmal im Mai und einmal im August.
Die Halde ist ein Abraumhalde des Thomas-Müntzer-Schachtes und besteht aus Gesteinsresten des ehemaligen Kupferschieferbergbaus. Das erzfreie Gestein hier wird auch als „taubes” Gestein bezeichnet. Die Reste bestehen aus Zechsteinkalk, Anhydrit und Rotliegendes. Die ganz Halde ist als Industriedenkmal ausgewiesen und wohl das letzte Zeugnis des Kupferschieferbergbaus in Sangerhausen.
1956 hat man mit der Aufschüttung der Halde begonnen und wurde 1990 mit der Schließung des Bergwerkbetriebes beendet. In den 34 Jahren wurde hier insgesamt etwa 15 Million Tonnen Gestein aufgeschüttet. Eine beträchtliche Menge auf nur etwa 12,6 ha großen Fläche.
Erwähnenswert ist noch das Informationsschild, das sich direkt bei der Aufstiegsstelle der Halde befindet. Hier erfährt man noch einiges über die Geschichte der Halde und seine geologische Situation.
Über Stock und Stein zum Schacht
Nach unserer „Haldenbesichtigung” umrunden wir diese weiter gegen den Uhrzeigersinn bis wir uns direkt im Norden von der Halde befinden. Hier folgen wir einen Trampelpfad, der quer über eine Wiese geht.
Die zweite Stempelstelle befindet sich beim „Bergbaulehrpfad Wettelrode”, doch als Orientierungspunkt dient uns das Schachtfördergerüst, das schon von Weiten zu sehen ist.
Das stählerne Schachtfördergerüst gehört zu den ältesten in Europa. Es ist ein markantes Wahrzeichen inmitten der historischen Bergbaulandschaft des südöstlichen Harzvorlandes.
Das Schaubergwerk wurde 1991 eröffnet und bietet dem Besucher u.a. die Möglichkeit den 283 m tiefen Schacht zu besichtigen. Mit einer Grubenbahn kann in den Schacht gefahren werden und dabei werden über ein Kilometer mit Hilfe von Schauobjekten die Entwicklung und Geschichte des Bergbaus von den Anfängen bis zur Neuzeit gezeigt und erklärt.
Der Bergbaulehrpfad Wettelrode befindet sich auf einem Freigelände und kann daher zu jeder Jahreszeit besichtigt werden. Dieser Lehrpfad beginnt bereits direkt beim Parkplatz vor dem Röhrigschacht und zeigt auf seinen etwa 4 km langen Rundweg einen guten Überblick über die Entwicklung des Kupferschieferbergbaus im Sangerhausener Gebiet.
Der Weg nach Grillenberg
Nach dem kurzen Besuch des Bergbaulehrpfades geht es weiter nach Grillenberg. Zuerst gehen wir auf eine asphaltierte Straße, die dann in eine leicht befestige Straße übergeht. Wir gehen im Norden an Wettelrode vorbei und folgen einen leicht gebogenen Pfad, der uns unter anderem an einem Skilift (!) vorbeiführt. Ein etwas ungewöhnlicher Anblick, wenn man bedenkt, das sich nicht gerade die höchsten Berge der Umgebung befinden. Aber Sangerhausen hat sogar einen Ski- und Snowboardclub.
Die Wanderung nach Grillenburg ist eher unspektakulär. Es geht an Wiesen und Feldern vorbei und durch kleinere Waldabschnitte. Abgesehen vom Skilift sind hier keine weiteren Highlights zu erwähnen.
Grillenberg
In Grillenberg angekommen, müssen wir erstmal noch durch die Ort nach Norden gehen um den Einstieg zur Burgruine Grillenburg – unsere letzte Stempelstelle – zu erreichen. Wir gehen auf der Hauptstraße – die „Harzstraße” des Ortes entlang. Interessant ist hier die Zaunpfostendekoration zu beobachten. Nur Deko oder hat es eine tiefere Bedeutung?
Mir und B. erschließt sich jedenfalls kein tieferer Grund, aber es ist einfach schön anzugucken. Vielleicht ist das auch einfach der Grund – einfach anschauen und sich daran erfreuen.
Neben den bunten „Zaunpfahltöpfen” hat Grillenburg, das eigentlich „nur” ein Stadtteil von Sangerhausen ist, noch mehr zu bieten.
Seit 2006 führt Grillenberg sogar den Titel „staatlich anerkannter Erholungsort”. Dieser Titel wird Orten oder Ortsteilen verliehen, die eine sehr gute Luft- und Klimaqualität auszeichnen, die für die Erholung förderlich sind. Dies sollte man aber nicht mit einem Luftkurort verwechseln, weil dies wiederum Einrichtungen mit Kurmaßnahmen braucht, während bei einem „Erholungsort” nur eine auf Tourismus ausgelegte Infrastruktur vorhanden sein muss.
Wir atmen einmal tief durch.
Jetzt geht es weiter zu Grillenburg.
Die Burgruine Grillenburg
Der Weg zur Burgruine Grillenburg ist schnell gefunden. Kurz bevor wir die Kirche St. Nikolei erreichen, kommen wir an eine Gabelung und folgen der rechten Straße Langes Tal bis zu ihrem Ende. Hier beginnt der eigentliche Aufstieg zur Burg. Ein letztes Mal kurz ins Schwitzen kommen, aber dann haben wir es geschafft.
Am Fuße des Burgberges informiert uns ein Schild über den Aufbau der Burganlage. Das rote Mauerwerk ist das Auffälligste an dieser bereits sehr stark verfallenen Burg. Die Burg ist aus rotem Sandstein und Konglomeraten aus der Zeit des Rotliegenden (vor ca. 300 – 255 Millionen Jahren) erbaut worden.
Mit der Burg im Rücken, blicken wir kurz in das Tal von Grillenberg. Von hier oben erhalten wir einen schönen Blick auf den Ortsteil Grillenberg.
Der Stempelkasten ist auch schnell gefunden. Klappe auf. Stempel nehmen. Ins Stempelheft eindrücken. Stempel zurücklegen. Klappe zu. Geschafft! Drei weitere Stempel zieren jetzt unsere Hefte.
Baumaterial und Tschüss!
Auf dem Abstieg kommen wir an aufgeschlossenen Sandstein- und Konglomeratbänke vorbei. Das ist das Material bzw. Gestein aus der die Grillenburg erbaut wurde.
Sehr praktisch, wenn das Baumaterial quasi vor der Haustüre liegt.
Der Weg zurück zur Pension gestaltet sich jetzt ganz einfach. Nein – wir wandern nicht zurück nach Sangerhausen. Zumal es jetzt auch bereits dunkel geworden ist.
Nachdem wir wieder zurück in den Ort Grillenburg hinabgestiegen sind, setzen wir uns bei der einzigen Bushaltestelle im Ort hin und warten auf den Bus.
Und er kommt.
Steckbrief: 17. HWN-Tour – Wanderung im Norden von Sangerhausen
Karte
Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln
- Bahn: Regionalzüge fahren von Magdeburg, Halle und Berlin bis nach Sangerhausen
- Bus: Fernbusse fahren nach Sangerhausen
Einkehrmöglichkeiten
In Sangerhausen gibt es einige Einkehrmöglichkeiten
Aufgesuchte Stempelstellen
Nr. 209 – Moltkewarte (Aussichtsturm)
Quellen und interessante Links
Hier ein wenig Lektüre zu der Wandertour bei Sangerhausen:
- Webpräsenz der Stadt Sangerhausen
- Webpräsenz vom Europa-Rosarium
- Infos zur Haldenbesteigung der „Hohe Linde” www.roehrigschacht.de
- Webpräzens vom ErlebnisZentrum Bergbau Röhrigschacht Wettelrode
- Webpräzens vom staatlich anerkannten Erholungsort Grillenberg
- Landmarke 12 (u.a. Hohe Linde, Burgruine Grillenburg) – www.harzregion.de
Alle Links wurden am 06.10.2021 aufgerufen
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