20 Jahre autofrei – (M)ein Leben ohne Auto
„Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“
© Mahatma Gandhi (1869 – 1948), indischer Rechtsanwalt, Publizist, Morallehrer, Asket und Pazifist,
Im Dezember 2004 bin ich das letzte Mal Auto gefahren. Ich habe damals einer spanischen Austauschstudentin, die im gleichen Studentenwohnheim, meine Heimatstadt gezeigt. Für diese Tour hatte ich das Auto meiner Eltern bekommen und bin mit meinem Gast somit durch die vertraute Kleinstadt gedüst. Dieses Ereignis ist mittlerweile bereits 20 Jahre her. Und seitdem saß ich nicht mehr am Steuer eines motorisierten Fahrzeugs.
Mein autofreies Leben hatte damit begonnen.
Inhaltsverzeichnis
Wie bin ich autofrei geworden?
Das Auto war (und ist es heute immer noch) in meinen Augen nie ein Prestigeobjekt gewesen. Also kein Gegenstand, womit man angeben konnte (oder sollte). Es war und ist nur ein Mittel zum Zweck. Den Zweck von A nach B zukommen. Nicht mehr, nicht weniger. Diese Einstellung lebten meine Eltern vor und ich übernahm diese Wertvorstellung. So habe ich nie ernsthaft über die Anschaffung eines Autos nachgedacht.
Wir besaßen aber schon ein Auto – und ich durfte es (nachdem ich den Führerschein erfolgreich gemacht habe) auch auf Anfrage ausleihen. Und wenn nicht, dann gab es Gründe dafür. Geld für ein eigenes Auto hatte ich nicht und wenn, dann gab ich es eher für Dinge aus, die mir wichtiger waren als für ein Auto. Ein eigenes Auto zu besitzen kam mir nie in den Sinn.
Später als Freunde und Bekannte machte ich daher auch meinen Führerschein. Ich fand es nicht notwendig, den „Lappen” zu besitzen. Aber um die nervige Fragerei seitens meiner Mitmenschen endlich zu beenden („Wann machst du denn endlich deinen Führerschein?”), habe ich dann doch den Führerschein gemacht. Der Druck der Gesellschaft hat gesiegt.
Ich war ein guter Fahrer und habe die Fahrprüfung bereits beim ersten Anlauf bestanden. Doch bei jeder weiteren Minute, die ich hinterm Steuer verbrachte, merkte ich zunehmend: Auto und ich – das passt einfach nicht. Das ist nicht meine Art, mobil zu sein. Und auch die so oft betitelte „Freiheit” beim Auto fahren konnte ich einfach nicht nachempfinden. Stattdessen fühlte ich mich im Auto als Fahrer beengt, gestresst und zudem von der Außenwelt abgeschirmt. Von Freiheit keine Spur.
Dann kam mein Abitur und mit dem Abschlusszeugnis in der Tasche zog ich aus dem Elternhaus aus, um in Frankfurt am Main mein Studium der Geologie-Paläontologie zu beginnen. Natürlich ohne Auto!
Wie mein Studienfach mein autofreies Lebens förderte
Als Student fehlte mir das Geld für Auto. Dafür hatte ich aber ein Semesterticket, womit ich bis zu meiner Heimatstadt fahren konnte und der ÖPNV innerhalb von Frankfurt ist wirklich gut ausgebaut. Mit Bus, S- und U-Bahn konnte ich nahezu überall in die Mainmetropole hinfahren. Wie bereits als Schüler stellte ich mir hier auch die Frage, wozu ich mir denn noch ein Auto anschaffen sollte, wenn ich doch vor meiner Haustüre eine recht gute Infrastruktur vorfinde?
Doch nicht nur dank der der äußeren Umstände und der nicht vorhandenen finanziellen Möglichkeit kam erst gar nicht die Frage auf, ob ich mir denn ein Auto anschaffen sollte. Ich begann das Studium bereits mit dem Mindset, dass ein Auto ein nicht lebensnotwendiger Gegenstand für mich darstellt.
Interessanterweise bestätigte auch mein Studienfach, das die Anschaffung eines Autos nicht gerade die beste Idee sein. Vor allem nicht für die Zukunft. In den ersten beiden Semester hatte ich eine Vorlesung zur Allgemeinen Geologie mit dem dazu gehörigen Thema Paläoklima erhalten. Hier lernte ich, dass es im Verlaufe der Erdgeschichte einige drastische Klimaveränderungen gab, die das Leben auf der Erde nachhaltig beeinflussten. Ja, dass sich das Klima immer wieder auf der Erde veränderte, ist nichts Neues und wissenschaftlich belegt.
Im Gegensatz zu den bisherigen Klimaveränderungen auf der Erde findet zurzeit ein Klimawandel statt, der nicht durch natürliche Faktoren entstanden ist, sondern menschengemacht ist (Quelle mit Beweisen zum menschengemachten Klimawandel).
Ich erinnere mich noch genau, wie mein Geologie-Professor eine Grafik zeigte, die die Zunahme des CO2-Gehalts in der Atmosphäre ab dem Zeitpunkt der Industrialisierung (etwa ab Mitte des 18. Jahrhunderts) sich drastisch erhöhte. Die Originalgrafik besitzte ich nicht, aber die NASA hat hierzu einige anschauliche Grafiken erstellt: Carbon Dioxide | Vital Signs – Climate Change: Vital Signs of the Planet.
Allerdings nicht allein das Auto ist am Anstieg des CO2-Gehalts Schuld. Es sind eher die großen Bereiche wie Energie, Industrie, Landwirtschaft und Gebäude, die für einen hohen CO2-Ausstoß verantwortlich waren und es noch sind. Der Individualverkehr nimmt diesbezüglich nur einen kleinen Teil ein.
Dennoch, heißt es nicht auch „Kleinvieh macht auch Mist”?
Daher fühlte ich mich in meiner Entscheidung bestärkt, das kein Auto zu besitzen eine gute Wahl sei. Neben meiner persönlichen Abneigung gegenüber dem Auto fahren, ich auch dazu beitragen, einen möglichst kleinen CO2-Fußabdruck zu hinterlassen.
Neben dem geringeren CO2-Verbrauch, würde ich auch Kosten und Ressourcen sparen. Und auch den gesundheitlichen Aspekt sollte man nicht außer Acht lassen.
Nach diesen Überlegungen war für mich klar, ein Auto nicht zu besitzen ist ganz klar für mich eine Win-Win-Situation.
Die Entscheidung war spätestens im 2. Semester für mich gefallen.
Ich schaffe mir nie ein Auto an!
Punkt!
Zwischenzeitlich bin ich zweimal umgezogen. Die Städte, in die ich gezogen bin, wurden kleiner. Die Umgebung ländlicher und der ÖPNV immer schlechter.
Dennoch – meine Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut.
Mein autofreies Leben – Stand Dezember 2024
Während ich diesen Artikel verfasse, sitze ich in einem Co-Working-Space und blicke ab und an durch die großen Fensterscheiben nach draußen. Stetiges Treiben auf den Straßen. Menschen und Fahrzeuge in Bewegung. Ein typisches Stadtbild.
Warum fühlt sich dieses Stadtbild nur so falsch an?
Es ist laut. Es ist dreckig. Und statt Grünflächen sehe ich nur Asphaltboden und Parkplätze. Meist von Autos besetzt. Hier in Deutschland beobachte ich, dass Städte noch immer eher an Autofahrer statt an dem Menschen ausgerichtet sind.
Das finde ich schade.
Obwohl ich mittlerweile seit fast 9 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern autofrei lebe, erlebe ich immer wieder die Situation, wobei ich mich rechtfertigen oder erklären muss, warum ich kein Auto fahre, geschweige denn kein Auto besitze. Es ist ermüdend, immer die gleiche Antwort zu sagen. Zeigt mir aber auch, das der Mensch nur ungern auf Auto verzichten. Man ist zu bequem. Und man möchte doch immer „flexibel und jederzeit losfahren können“, wobei die Statistik des Umweltbundesamt sagt, dass ein Auto durchschnittlich 23 Stunde rumsteht (Quelle: Car-Sharing | Umweltbundesamt). Und in der einen Stunde fährt man spontan irgendwo hin? Hm – warum kommen mir da Zweifel auf?!
Ich weiß, ich bin noch eher ein Einzelfall in meiner Lebensführung und -einstellung bin. Zudem hatte ich einfach das Glück, dass meine bisherigen Lebensumstände für ein autofreies Leben gepasst haben und ich dazu Entscheidungen traf, die dazu führten, dass ich weiterhin autofrei leben kann. Ein Auto ist für mich eher hinderlich als förderlich für mein Lebensqualität.
Diese Einstellung spiegelt sich auch in diesem Blog wieder. Für Rad- und Wandertouren werde ich weiterhin nur die Anreisemöglichkeiten mit dem ÖVNP aufzählen und benennen. Wer mit dem Auto anreist, muss selbst nach Parkmöglichkeiten recherchieren. Ich unterstütze diese Art der Information nicht.
Ich weiß, dass ich durch meinen Lebensstil als autofreier Mensch nicht großartig die Welt verändern kann. Doch mein kleiner Beitrag geht sicherlich in die richtige Richtung.
Etwas zu machen ist immer noch besser als nichts zu tun.
Und einer muss ja schließlich den Anfang machen.
Meine Entscheidung ist bereits vor 20 Jahren getroffen worden.
Was ist mir dir?
Quellen und lesenswerte Links:
Nicht nur ich habe mich für ein autofreies Leben entschieden. Im Netz findet man einige Menschen, die ebenfalls ein Leben ohne Auto führen
- Warum ich kein eigenes Auto habe | Oskar Vitlif
- Wie wir als Familie ohne Auto leben – Erfahrungen + Tipps – Dresden Mutti
- How I Live Without a Car In The US (And Why I’ll Never Own a Car Again) – David William Rosales
- Titelbild: Canva
Lebst du auch autofrei? Was sind deine Erfahrungen? Oder denkst du über eine Abschaffung des Autos nach?
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