Hallo da draußen

4. HWN-Tour: Rundwanderung bei Wernigerode

„Die bunte Stadt im Harz.“
© Hermann Löns (1866 – 1914), deutscher Journalist und Schriftsteller

Es ist Spätherbst. Der Winter steht vor der Tür. Dennoch lasse ich es mir nicht nehmen und mache mit B. wieder eine Wandertour im Harz. Diesmal startet unsere Wandertour von Wernigerode aus.

Unsere Tour sollte ursprünglich 5 der Harzer Wandernadel Wanderstempel betragen, doch leider sind es nur 3 geworden. Die Ausschilderung war nicht sehr gut. Sie war sogar in einigen Abschnitten gar nicht vorhanden, so dass wir beinahe uns verirrten und dadurch einiges an Zeit verloren haben. Auch ein Kartenausdruck von Geocaching.org – da wir auch ein paar Geocaches finden wollten – konnte uns nur geringfügig helfen.

Die letzten zwei Stempelstellen ließen wir daher aus, weil wir sonst in völliger Dunkelheit noch im Harz gewandert wären. So etwas wollten wir vermeiden. Folglich sammelten wir nur 3 statt 5 Stempel. Doch alles von Anfang an.

Der dreckige Sandstein vom Agnesberg

Vom Bahnhof in Wernigerode geht es zuerst durch die Altstadt in Richtung Schloss Wernigerode. Die erste Stempelstelle liegt hinter dem Schloss auf dem Agnesberg. Das heißt erst mal, das es hinauf geht. Uff. Und wie!

Auf dem Weg zum Schloss erkenne ich mehrere Aufschlüsse von einem grau-braunen Gestein. Ich hebe ein paar Gesteinsbrocken auf und suche nach einer frischen Bruchstelle.

Bei einem Handstück habe ich Glück und ich sehe eine graue Masse („Matrix“) mit vereinzelt kleinen Gesteinsbrocken darin. Ferner erkenne ich, dass die Mineralien verschiedene Korngrößen aufweisen. Zudem liegen die einzelnen Mineralienkörner unsortiert in der Matrix vor. Das Gestein wirkt irgendwie aus verschiedenen Dingen zusammengewürfelt. Er wirkt „dreckig“.


Grauwacke am Agnesberg
„dreckiger Sandstein“ am Agnesberg

Da fallen mir die Worte meines Professors zur Vorlesung zur „Allgemeinen Geologie“ ein: „Grauwacke ist nichts anderes als ein dreckiger Sandstein.“ Dennoch täuscht die abfällige Bezeichnung. Die Grauwacke war ein beliebter Baustein in der Wernigeröder Region, z.B. die Ringmauer des Wernigeröder Schlosses sind mit diesem Sandstein erbaut worden.

Während ich mit meinen Gedanken bin, erreichen wir die erste Stempelstelle. Jetzt erst bemerke ich, wie schwer ich eigentlich atme. Mein Gott, war das ein schwerer Aufstieg! Gott sei dank ist das der schwerste Part für heute gewesen. Danach geht es nur auf Bergkuppen entlang und zum Abschluss nur noch bergab.

Als Belohnung zu dem geschafften Part der Wanderung, werden wir mit einem schönen Ausblick auf das Schloss und auf die Stadt Wernigerode belohnt. Und der Abdruck des Stempels mit der Nr. 31 ziert jetzt mein Stempelheft.

Herbstzeit = Laubzeit = Spaßzeit

Seit unserer letzten Tour bei Blankenburg ist der Herbst weiter fortgeschritten und der Winter steht vor der Tür. Dennoch ist es von den Temperaturen noch sehr mild. Wir haben jetzt Dezember und die Bäumen tragen kaum noch Blätter. Es scheint als wäre das einstige Blätterdach komplett auf dem Wanderweg verlagert worden. Vor uns erstreckt sich ein Blätterteppich aus rostbraunen Eichenblättern (Quercus sp.). Das erweckt in uns plötzlich das Kind.

Wir wandern nicht mehr.

Wir watscheln.

Wir schlurfen.

Wir kicken.

Wir ergötzen uns am Rascheln der Blätter. Ich kicke ab und zu Blätter aus dem Blätterteppich und lauschen dem dabei raschelnden Geräusch. B. bewirft mich mit einer Handvoll Blätter und nimmt zum Abschluss ein Bad in den Blätterfluten. Diese Art von „Wandern“ macht uns Spaß.


Ben im Blätterhaufen
Versteckt im Blätterhaufen

Der Annaweg

Nach dieser kleinen Spaßeinheit setzen wir unseren Weg in Richtung Christianental fort. Schließlich wollen wir noch ein paar Stempel der Harzer Wandernadel einsammeln. Wir folgen dem Annaweg, in der Hoffnung, das er uns direkt zum Gasthaus Christianental führt. Dort wartet die nächste Stempelstelle auf uns.

Der Annaweg wurde bereits im 1730 als Oberer Röhrenweg im Zusammenhang mit einer Schlosswasserleitung angelegt.

Wir gehen den Waldpfad entlang. Normalerweise fühle ich mich in Wäldern richtig wohl. Aber da es schon ein sehr fortgeschrittener Herbst ist, sind die Bäume bereits kahl.

Die laublosen Bäume wirkt etwas gruselig und der graue, bewölkte Himmel verstärkt noch diese Stimmung. Vereinzelt sehe ich sehr alte und morsche Bäume, die mehr Löcher aufweisen als ein Schweizer Käse.

Was auf mich etwas gruselig wirkt, ist ein Zuhause für viele Tiere. Eulen und Spechte hausen gerne in diesen morschen Bäumen.


Alter Baum
Alter Baum

Der Tierpark Christianental

Also wir den Tierpark erreichen, sind nur eine Handvoll Besucher da. Ich gehe an einigen Gehegen vorbei und schaue mir die Tiere an.


Wildschwein im Tierpark
Rüssel an Rüssel: Begegnung zweier Wildschweine

Tiere in Tierparks und Zoos sind für mich eine zwiegespaltene Sache. Einerseits sollte man Tiere nicht ihrer Freiheit berauben. Andererseits, wie sollte man sonst erfahren, wie die Tiere aussehen, sich bewegen, welche Geräusche sie machen oder wie sie sich verhalten. Ganz nach dem Motto: Wie soll man etwas schützen, was man nicht kennt? Es ist für mich schwierig, bei diesem Thema eine klare Stellung zu beziehen.

Immerhin, hier sind keine exotischen Tiere, sondern wirklich nur einheimische Tiere aus der Harzregion untergebracht. Zudem sehen für mich die Wildschweine, die wir hier beobachten können, ganz zufrieden aus.

Nach dem Stempeln frage ich mich, wie es von hier aus mit der Wandertour weitergeht? Eine Beschilderung zur nächsten Stempelstelle ist nicht vorhanden.

B. zeigt auf eine Treppe. Ich denke mir nur: „Oh nein!“


Treppe nach oben
Es geht hoch hinauf

„Mein Gott! Da sollen wir hoch?!“ Ich schlucke. Ich zitiere mich selbst, als ich beim Agnesberg bereits sagte: „Gott sei dank ist das der schwerste Part für heute gewesen.“

Haha – Denkste, Zoe.

Das hier toppt bei weitem den Agnesberg. Und natürlich weiß ich auch, woraus diese Anhöhe hier besteht: es ist Grauwacke.

Aufschluss und der Wald

Oberhalb der Treppe stehen wir vor einen großen Grauwackenaufschluss. Auch B. schaut sich jetzt den „dreckigen“ Sandstein etwas näher an. An einigen Stellen kann man gut sehen, wie das ganze Gesteinspaket nach oben verschoben wurde.


Verschobene Grauwacke
Verschobene Grauwacke

Ein Blick auf die Uhr sagt, das wir es bereits nach 13 Uhr haben. Hm. B. und ich überlegen, ob wir noch drei weitere Stempelstellen überhaupt schaffen. Wir entscheiden uns letztendlich dafür, das wir nur noch die Stempelstelle Nr. 33 anlaufen. Nr. 34 und Nr. 35 schaffen wir, wie eigentlich geplant, auf keinen Fall mehr. Dazu müssten wir wieder runter ins Tal und wieder hinauf auf den Berg.

Dennoch unsere Motivation ist nicht am Boden. Im Gegenteil, mit neuer Energie folgen wir einen Wanderpfad. Ferner sind wir mit einem einfachen Kartenausdruck aus Geocaching.org ausgestattet. So können wir uns grob orientieren.

Inzwischen erreichen wir ein Waldabschnitt von Rotbuchen (Fagus sylvatica).


Rotbuche Herbst
Farbkonstrast im Herbst

Eine seltsame Stimmung kommt auf. Der Farbkontrast zwischen Baumstämmen und Blätterteppich hat zudem noch eine faszinierende Wirkung. Keine Menschen. Keine Tiere. Der Wald ist still. Das ist wohl die Magie des Waldes.

Auf 447 m ü. NHN

Doch schnell wechselt das Landschaftsbild. Je näher wir dem Stapenberg kommen, desto grüner wird es. Wir befinden uns nun in einen grünen Nadelwald. Das gruselige Gefühl von vorhin ist verschwunden. Jetzt habe ich das Gefühl, ich bin mit meinem Freund in einem normalen grünen Wald am Wandern bin.

Vom Gasthaus Christianenthal brauchen wir 1 ½ Stunden bis wir den Stapenberg, unsere letzte Stempelstelle, erreichen. Als wir die Stempelstelle erreichen, setzt sich B. erstmal auf eine Bank, während ich meine Stempelhefte auspacke und die Nr. 33 in mein Heft drücke.

So, das war es für heute. Ich geselle mich schließlich zu B. und wir lassen die Wanderung gedanklich Revue passieren.

Der Stapenberg ist eine 447 m hohe Erhebung im Harz. Ein Hinweisschild bei der Stempelstelle informiert über die Entfernungen als Luftlinien zu den verschiedenen Orten, die man von hier aus erblicken kann.

Das flache Harzvorland erstreckt sich vor unserem Auge. Die dunkelgraue Wolkendecke hat sich mittlerweile gelichtet und auch die Sonne kommt zeitweise hindurch.


Harzvorland
In der Ferne ist das Schloss Wernigerode zu erkennen

Der Zillierbach

Nach der dritten Stempelstelle machen wir uns auf dem Rückweg zum Bahnhof Wernigerode. Wir orientieren uns an dem Weg, der bergab verläuft und überqueren dabei den Mittelberg. Bald können wir Wernigerode aus der Ferne erblicken. Es geht weiter bergab und wir folgen dem Kaiserweg, der uns mit leichtem Zick-Zack und einem Bogen ins Tal bringt.

Nach fast 2 h erreichen wir das Mühlental mit seinem Zillierbach. Der Zillierbach ist die Heimat von einigen seltenen Wildfischen, darunter die geschützte Bachforelle (Salmo trutta fario). Sie ist sowohl das Wappentier der Stadt Wernigerode als auch des Landkreises Harz.

Um die ökologische Bedeutung des Zillierbaches zu zeigen, wurde der Naturlehrpfad Zillierbach angelegt. Informationstafel zeigen den Verlauf des Lehrpfades und klärt über die Bewohner des Zillierbaches auf. Auch das Symbol des Lehrpfades trägt die Bachforelle als Erkennungszeichen.


Fischsymbol
Symbol des Lehrpfades Zillierbach

Entlang am Zillierbach

B. und ich folgen den Pfad entlang des Zillierbaches in Richtung Wernigerode. Jetzt wird es langsam dunkel, aber die Orientierung ist ja nicht mehr so schwer. Eine Verkehrsstraße verläuft parallel zum Pfad, daher begleiten uns auf dem Weg die Fahrgeräusche verschiedener Fahrzeuge.

Angenehm ist es für uns nicht. Aber dagegen wehren können wir uns nicht. Letztendlich sind wir auch viel zu müde. Sogar einige Gesteinsaufschlüsse – ich wette es ist Grauwacke – weckt nur für eine Sekunde meine Aufmerksamkeit.

Ich bin zu müde. Ich will nur noch nach Hause. B. auch.


Zoe am Aufschluss
Vorbei an Gesteinsaufschlüssen

Es ist bereits dunkel, als wir in unseren Zug einsteigen. Doch wir kommen bald wieder in die „bunte Stadt“.

Wir müssen es sogar, denn wer soll für uns die übrigen zwei Stempel holen?

Mein Fazit

Der Wanderer muss von Anfang an stark sein. Die erste Steigung erfährt er nämlich schon in den ersten Minuten der Wandertour. Doch ist dies erst mal geschafft, geht es zuerst auf dem Bergkämmen weiter.

Eine Beschilderung haben wir vermisst. Es ist nämlich so gut wie gar keine Vorhanden. Kartenmaterial mitnehmen ist auf jeden Fall empfehlenswert.

Die Stempelstellen stellen bereits die Highlights dieser Tour dar. Wer genug Zeit mitbringt, kann sich am Naturlehrpfad Zillierbach über die Natur bei Wernigerode informieren. Auch das Schloss Wernigerode kann man mit der Wandertour kombinieren.


Steckbrief: 4. HWN-Tour – Rundwanderung bei Wernigerode

Karte

Wegbeschaffenheit

hauptsächlich Waldwege

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Bahn

Regionalbahnen aus Richtung Halberstadt oder Vienenburg zum Bahnhof „Wernigerode“

Regionalbus

Busse der Harzer Verkehrsbetriebe GmbH (HVB) fahren nach Wernigerode

Fernbus

von Berlin, Magdeburg, Düsseldorf, Essen, Dortmund, Kassel, Göttingen und Seesen direkt nach Wernigerode

Einkehrmöglichkeit

Aufgesuchte Stempelstellen der Harzer Wandernadel


Quellen und lesenswerte Links

Hier noch einiges Wissenswertes als Ergänzung zur Wandertour bei Wernigerode:


Kennst du Wernigerode? Wie war deine erste Wanderung ohne Karte? Wie hast du dich orientiert? Hinterlasse hier ein Kommentar oder schreibe mir eine Email.

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