Hallo da draußen

6. HWN-Tour: Von Wernigerode nach Ilsenburg

„Regen am Morgen hält den Wanderer nicht auf.“
 Französisches Sprichwort

„Man, ist das dunkel hier!“, meint B., als wir aus dem Zug aussteigen. Ich blicke ebenfalls zum Himmel. Eine dunkelgraue Wolkendecke schwebt über unseren Köpfen. Ob es regnen wird?

Regen oder nicht. Wir wandern. Dies ist meine erste Wanderung seit 4 Monaten und die lasse ich mir von ein paar dunklen Wolken am Himmel nicht nehmen. Nicht hier in Wernigerode, der sogenannten „bunten Stadt im Harz“.

Die Harzer Schmalspurbahn

Dank der 4. HWN-Tour kennen wir uns hier in der „bunten Stadt“ ein bisschen aus und so war es auch ein Leichtes den Weg zur unseren ersten Stempelstelle Elversstein zu finden.

Auf unseren Weg zur ersten Stempelstelle, gehen wir auf einen Weg, der parallel zu einem Gleis verläuft. Hier fährt die Harzer Schmalspurbahn und ist eine DER Attraktionen im Harz. Mit dieser Bahn ist es möglich von Wernigerode bis zum Brocken, die höchste Erhebung im Harz, zu fahren.


Harzer Schmalspurbahn
Ein Blick auf Harzer Geschichte: die Harzer Schmalspurbahn

Als die Bahn an uns vorbeifährt, winken wir den Fahrgästen zu. Ein Hauch von Eisenbahn-Nostalgie liegt in der Luft. Immerhin werden die Harzer Schmalspurbahnen seit über 100 Jahren mit Dampf betrieben. Als die Bahn außer Sichtweite ist, ist auch die Nostalgie wieder verflogen. Nur der feuchte und rußige Geruch des Dampfes liegt noch in der Luft.

Die Tierwelt zum Elversstein

Heute ist es, trotz bewölktem Himmel, recht schwül. B. und ich schwitzen. Ich höre ein paar Vögel zwitschern und ab und zu ertönt das Pfeifsignal der Schmalspurbahn in der Ferne.

Das leicht feuchte Klima lockt ein paar Bodentiere an die Erdoberfläche. So ist es nicht überraschend, dass wir einigen Nacktschnecken begegnen. Ein Exemplar, das ich am Wegesrand fotografiere, stellt sich als Schwarzer Schnegel (Limax cinereoniger) heraus. Es ist eine Nacktschnecken-Art, die in ausschließlich naturbelassenen Wald- und Buschlandschaften zu finden ist. Also ein Anzeiger für den Gesundheitszustand des Waldes.


Schwarzer Schnegel
Schwarzer Schnegel (Limax cinereoniger)

Der Schwarze Schnegel kann man auf den ersten Blick leicht mit der Schwarzen Wegschnecke (Arion ater) verwechseln. Doch sein unverwechselbares Merkmal ist der dunkle gefärbte Rand seiner Fußsohle.

Neben den Schnecken kriechen auch Amphibien aus ihren Verstecken hervor. Ich freue mich daher riesig auch einen Feuersalamander (Salamandra salamandra) vor meiner Kameralinse zu bekommen.


Feuersalamander
Ein Molch auf der Flucht: Feuersalamander (Salamandra salamandra)

Doch Feuersalamander ist nicht gleich Feuersalamander. Es gibt viele Unterarten, die man anhand ihrer Körperzeichnung und Färbung unterscheidet. Mein Exemplar ist zu der Art Salamandra salamandra terrestris zuzuordnen. Sein eindeutiges Merkmal ist der mit gelben Zeichen gebänderte Rücken.

Dieser Feuersalamander flüchtet vor meiner Kamera. Wir haben ihn wohl gerade in seinem Tagesversteck gestört. Wir gehen weiter, um das Tier nicht noch weiter zu stören.

Der Elversstein

Zügig erreichen wir die Stempelstelle Elversstein. Von seinem Aussichtspunkt erhalten wir einen guten Blick auf das vor uns liegende Drängetal und die schmale Trasse der Schmalspurbahn mit dem Thumkuhlenkopftunnel. Sogar den Brocken können wir von hier aus erblicken. Allerdings ist sein Gipfel in Nebel gehüllt.

Ich blicke vom Geländer des 499 m ü. NHN hohen Aussichtspunktes etwas umher. Mehrere Felsen habe ich unterhalb des Aussichtspunktes entdeckt. Das Gestein unter uns liegt, ist eine Tonschieferfelsformation mit Diabaseinlagerungen des ca. 525 m hohen Steinberges.

Hier herrschte sowohl Vulkanismus als auch Metamorphose. Ereignisse, die hier vor über 300 Millionen Jahren stattfanden. Auch heute lockt der Elversstein zu einem Ereignis ein, das man von hier aus am besten beobachten kann.

Ein paar Wanderer gesellen sich zu uns am Aussichtspunkt. Bewaffnet mit ihren Kameras scheinen sie auf etwas zu warten. Ich greife ebenfalls zu meiner Kamera und just in diesem Moment fährt eine Harzer Schmalspurbahn aus dem Tunnel fährt. Man hört das Klicken und Piepen von Kameras und Smartphones.

Ein Signalpfeifen der Bahn ertönt und das Schauspiel ist so schnell vorbei wie es angefangen hat. Und ich hatte das Glück, dies fotografisch festzuhalten. Irgendwie ist das Ganze auch verrückt.


Tunnel Schmalspurbahn
Die Harzer Schmalspurbahn

Erste Harzer Frühlingsboten

Nach Tieren und Gesteinen darf natürlich die Flora nicht vergessen werden. Zwei Pflanzen haben aufgrund ihrer Farbe und Kontrast zu der momentanen recht eintönigen braun-grünen Landschaft sofort mein Interesse geweckt.

Ein Baum mit auffällig gefärbten Blüten begegnet uns bei dem Abstieg vom Elversstein ins Drängetal. Die Blüten sind leuchtend rosarot gefärbt und sitzen teilweise auf Nadelbüschen. Ein paar wenige braune Zapfen kann ich ebenfalls am Baum entdecken.


Lärchenblüten


Es ist eine Europäische Lärche (Larix decudua), die jetzt in ihrer Blütezeit steht. Die leuchtend roten Blüten sind weibliche Blüten, während die männlichen mit ihrer schwefelgelben Farbe eher unscheinbar sind.

Bevor ich meinen Weg fortsetze, fasse ich vorsichtig die leuchtend grünen Kurztriebe an. Sie fühlen sich sehr weich an. Keine harte spitzen Nadeln, die man sonst so bei Nadelbäumen kennt.

Im Drängetal angekommen begegne ich einen weiteren Frühlingsblüher. Ein einsames Buschwindröschen (Anemone nemorosa) kündigt den kommenden Frühling an. Das Buschwindröschen sollte man nicht pflücken, da alle Pflanzenteile giftig sind. Kein Wunder, dass diese Pflanze auch als „Hexenblume“ bezeichnet wird.


Buschwindrose


Lossen-Denkmal und ein Aufschluss

Wir überqueren im Tal die L100 und erreichen auf der gegenüberliegenden Seite das Lossen-Denkmal.

Dem Geologen Karl August Lossen (1841 – 1893) gewidmet, ist für mich kein Unbekannter. Er war als Geologe im gesamten Harz tätig. Zu seinem wichtigsten Werk gehört die geologische Übersichtskarte des Harzes. Eine wirkliche Meisterleistung von einer Person – wenn man bedenkt, wie groß doch dieses Mittelgebirge ist.


Lossendenkmal


Das Lossen-Denkmal ist ein Obelisk, der von Harz-Gesteinen in Säulenform umrandet ist. Nicht unweit vom Denkmal klärt ein Informationsschild über jedes dieser Harz-Gesteine auf. Einfach sich die Nummer auf dem Gestein merken und am Schild nachschauen, was es für ein Gestein ist. Einfacher geht Gesteinsbestimmung wirklich nicht.

Wir folgen den naturkundlichen-geologischern Lehrpfad Hasserode.

Noch mehr Geologie. Uiuiui. Ich werde etwas hibbelig bei dieser Thematik.

Der Lehrpfad besteht aus insgesamt 12 Stationen. Leider können wir nicht alle Stationen aufsuchen, weil einige nicht auf unserer Wanderroute liegen. Immerhin ein geologisches Highlight können wir auf dem Weg zur nächsten Stempelstelle besichtigen.

Wir gehen zur 4. Station des Lehrpfades. Während B. ein paar Fotos vom geologischen Aufschluss macht, betrachte ich das Gestein näher.


Aufschluss

Der Aufschluss besteht aus einer Wechselfolge von Tonschichten und Kalksteinsedimenten, die zusammengefasst als „Wernigeröder Schichten“ bekannt sind. Sie entstanden vor etwa 340 Millionen Jahre im marinen Bereich.

Diese Schichten wurden in der Zeit der variskischen Gebirgsbildung nach oben gedrückt. Dies geschah unter Erschütterungen der Erdkruste. Diese Störungen sind als schräge Linien im Aufschluss erkennbar.

Wasserkunst und Bergbau

Auf unseren weiteren Weg kommen wir an einem bergbaulichen-naturkundlichen Lehrpfad vorbei. Informationsschilder erläutern die Geschichte des ehemaligen Bergbaus im Thumkuhlental. Es wurde sogar eine Wasserkunst mit Wasserrad, Feldgestänge und Pumpenturm originalgetreu aufgebaut.

Doch was ist eigentlich Wasserkunst? Damit ist ein System zur Förderung, Hebung und Führung von Wasser gemeint. In der Nähe der Wasserkunst steht auch der Stempelkasten, wo wir unseren ersten Harzer-Steiger-Stempel ins Heft drücken. Juhu!


Wasserkunst
Ein Ausstellungstück des bergbaulichen-naturkundlichen Lehrpfad

Wir folgen dem Pfad „Thumkuhlental“ weiter bis wir eine Kreuzung mit Hinweisschilder vorfinden, die uns die nächste Stempelstelle zeigt: der Ottofelsen.

Der Ottofelsen

Auf dem Weg zum Ottofelsen erleben wir ein Wechsel im Landschaftsbild. Wir wandern durch einen reinen Nadelbaumwald. Kiefern (Pinus sp.) wachsen hier dicht an dicht. Ab und zu findet man auch mit Moos bewachsene riesige Gesteinsbrocken, die wie ausgeschüttet auf dem Waldboden liegen. Entstanden durch eiszeitliche Frostsprengungen, wurden damalige Granitklippen zerstört und die vom Gestein gelösten Gesteinsbrocken bahnten sich ihren Weg bergab. So entstanden die Fels- oder Blockmeere, die man noch heute hier beobachten kann.

Auf einen kleinen Pfad durch den Wald erreichen wir schließlich den Ottofelsen und drücken einen weiteren Stempel in unser Heft.


Ottofelsen
Das Naturdenkmal „Ottofelsen“

Ich klettere auf der Eisenleiter hinauf zum Gipfel vom Ottofelsen. Der Ottofelsen liegt ungefähr 584 m ü. NHN. Von hier aus hat man einen hervorragenden Ausblick auf das Harzvorland und auf die Stadt Wenigerode. Auch den Brocken kann ich von hier aus erblicken, wobei sein Gipfel immer noch von Nebel umhüllt ist.

Ich steige die Eisenleiter wieder hinunter und schaue mir dabei den Ottofelsen etwas genauer an. Sein Gestein ist ein grobkörniger Granithärtling. Da er ein Paradebeispiel für die typische Form der Granit-Verwitterung („Wollsackverwitterung“) im Harz ist, wurde er bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts als Naturdenkmal ausgewiesen.

Neben seiner geologischen Bedeutung ist der Ottofelsen als Ausflugsziel sehr beliebt. Es tummeln sich auf und um dem den Ottofelsen einige Wanderer. Vor allem für Kinder scheinen den Ottofelsen als Abenteuerspielplatz sehr zu schätzen.

B. und ich gehen den Pfad, der uns zum Ottofelsen führte, wieder zurück und setzen unseren Weg in Richtung „Steinerne Renne“ fort.

Die „Steinerne Renne“

Als Steinerne Renne wird ein 2,5 km Talabschnitt der Holtemme bei Hasserode bezeichnet. Er ist zudem als Naturdenkmal ausgewiesen.

Kurz bevor wir das Gasthaus Steinerne Renne erreichen, haben wir bei einer Kreuzung die Wahl zwischen einen gemütlichen langsamen Wanderweg und einen schnellen steinigen Wanderweg ins Tal. B. und ich entscheiden uns für den steinigen Weg. Hunger und Durst nahmen uns die Entscheidung schnell ab.


Gasthaus Steinerne Renne
Das Gasthaus Steinerne Renne

Innerhalb weniger Minuten erreichen wir die Brücke „Rennesteg“ und das dahinter liegende Gasthaus Steinerne Renne. Das war ein wirklicher schneller weg, nur für die Knie war es wohl nicht so gut. Egal.

Direkt am Gasthaus liegt der Stempelkasten und nachdem ein weiterer Stempel unser Stempelheft ziert, kehren wir in das Gasthaus ein. Wir bestellen uns etwas zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen.

B. und ich sitzen jeweils an einem einen Fensterplatz. Aus dem Fenster kann man die Holtemme beobachten, wie sie rauschend ins Tal fließt.

Die Mönchsbuche

Nach der Pause, die wir beide sehr erholsam fanden, setzen wir unseren Weg nach Norden auf dem Bielsteinchaussee fort. Der Weg führt uns durch den Wald, an den Renneklippen vorbei, über die Kleine Renne bis wir unsere vorletzte Stempelstelle für heute erreichen.

Wir finden einen Rastplatz vor. An dieser Stelle verlief seit Mitte des 13. Jahrhunderts der Mönchsstieg, eine Verbindung zwischen den Klöstern Himmelpforte und Ilsenburg. Hier rasteten die Mönche, wenn Sie sich gegenseitig besuchten. Es ist auch überliefert, dass an dieser Stelle schon immer eine Buche stand.


Mönchsbuche
Einst schönere Zeiten erlebt: die Mönchsbuche

Die Buche, die wir vorfinden, scheint schon einiges erlebt zu haben. Eine Baumkrone ist nicht mehr vorhanden. Am Stamm kann ich einige Zunderschwämme (Fomes fomentarius) erkennen. Diese Baumpilze sind ein klares Anzeichen dafür, dass der Baum mehr tot als lebendig ist.

Das Oberförster-Koch-Denkmal

Nach diesem doch etwas traurigen Anblicks des Baumes, gehen wir weiter zum Oberförster-Koch-Denkmal, das gefühlt nur ein Katzensprung von der Mönchsbuche entfernt ist. Das Denkmal zu finden, ist kein Problem gewesen; wir sind sogar fast daran vorbeigegangen. Von der Mönchsbuche bis zum Denkmal folgt man einfach den Oberförster-Koch-Weg.


Oberförster Koch Denkmal
Gesteine am Fuße des Oberförster-Koch-Denkmal

Das Denkmal wurde 1914 zum 50. Dienst-Jubiläum des damaligen Oberförsters Koch errichtet. Das Denkmal selbst ist ein einfacher Granitblock, der stark mit Flechten überzogen ist.

Mit dem Oberförster-Koch-Denkmal haben wir alle geplanten Stempelstellen erreicht. Es ist jetzt Zeit, den Weg zum nächsten Bahnhof zu nehmen. Mittlerweile ist es nach 18 Uhr und wir beeilen uns nach Ilsenburg zu kommen.

Der (bekannte) Rückweg

Wir gehen folgen jetzt den Wanderweg in Richtung Nordwesten nach Ilsenburg. Auf dem Weg wandern wir am Gasthaus Plessenburg vorbei.

Hier ist zwar auch eine Stempelstelle, aber die haben wir schon auf unserer 2. HWN-Tour aufgesucht. Daher lassen wir das Gasthaus links liegen und folgen dem Weg, der ins Tal führt.


Wanderschild Ilsetal
Ein sehr ordentlicher Wegweiser

Da wir den Weg zum Ilsetal kennen, kommen wir schnell unten im Tal an. Hier hat sich seit unserer letzten Wanderung nicht viel verändert.

Wir kommen wieder an den Gesteinslehrpfad vorbei, den ich bei der 2. HWN-Wanderung bereits sah. Wir haben auch diesmal keine Zeit, den Lehrpfad einen kurzen Besuch abzustatten. Wieder keine Zeit. Hmpf. Immerhin, wir erreichen unseren Zug noch rechtzeitig.

Und der Regen von heute Morgen, der angekündigt war?

Der hat sich nicht blicken lassen. Den ganzen Tag nicht.

Mein Fazit

Eine sehr lange, aber auch sehr abwechslungsreiche Wanderung. Hier werden viele tolle Aussichten geboten, sei es zum Brocken oder zum Harzvorland. Auch die hier aufgesuchten Stempelstellen sind abwechslungsreich und zeigen interessante Orte zu Verweilen.

Die Beschilderungen zu den einzelnen Stempelstellen waren gut und auch die Wege waren gut ausgebaut. Wanderherz, was willst du mehr.

Diese Tour ist für alle Wanderer geeignet, die sich an mehrere Auf- und Abstiegen nicht stören lassen.


Steckbrief: 6. HWN-Tour – Von Wernigerode nach Ilsenburg

Wegbeschaffenheit

Gute ausgebaute Waldwege mit Anstiegen

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Bahn

Regionalbahnen von Magdeburg, Hannover und Berlin fahren direkt nach Wernigerode

Fernbus

Fernbusse fahren von Berlin, Magdeburg, Düsseldorf, Essen, Dortmund, Kassel, Göttingen und Seesen direkt nach Wernigerode

Einkehrmöglichkeit

Aufgesuchte Stempelstellen


Quellen und lesenswerte Links

Mehr Informationen über das Drumherum der Tour von Wernigerode nach Ilsenburg findest du hier:


Und warst du auch mal im Frühling im Harz wandern? Was hast du alles dabei gesehen und entdeckt?

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