Hallo da draußen

Der blaue „Achat” aus dem Harz: der Bode-Achat

„Blau ist die einzige Farbe, in der ich mich wohl fühle.“

© Franz Marc (1880 – 1916), bedeutender Maler des Expressionismus in Deutschland

Einführung

Wer im Harz aufmerksam am Ufer der Bode oder Sieber spazieren geht, sollte an den ruhigen, flachen Uferbereichen ab und an einen Blick ins dortige Wasser wagen. Denn neben den typischen grauen und braunen Flussgesteinen wird man mit ein wenig Glück etwas Blaues aufblitzen sehen.



Ein Griff ins Wasser und das auffällige Fundstück ist in der Hand. Auf den ersten Blick mag man ein Gesteinskorn (oder vielleicht sogar mehrere) in unterschiedlichen blauen Farbschattierungen erkennen.

Doch ist es wirklich Gestein oder ein Mineral, was in der Hand liegt? Und wo kommt es her?

Herkunft und Entstehung

Der Fund in der Hand ist weder ein Mineral noch ein Gestein.

Es sind schlichtweg Schlackenreste aus der vorindustriellen Harzer Eisenverhüttung. Hierbei kann man auch von einem „menschengemachten” Gestein bzw. Mineral sprechen.

Bei der Eisenverhüttung werden Erze in erzhaltigen Gesteinen im Zuge von Schmelzprozessen vom Muttergestein getrennt.  Dabei kommt es gleichzeitig zum Kontakt mit salzhaltigem Kühlwasser, woraus dann aus der Schmelze die Schlacke entsteht. Abhängig vom Ausgangsgestein ist die Schlacke reich an Aluminium, Silizium, Kalzium oder Magnesium. Kupfer oder Eisen können als Begleitmaterial in geringen Mengen auftauchen.

Die gerundete Form der Schlacken beruht schließlich darauf, dass diese ins Flussbett geschüttet wurden und dank des Flusswassers – wie Trommelsteine – rund geschliffen wurden.



Namensherkunft und Eigenschaften

Erstmals wurde der Name „Bodeachat” im Jahr 1988 von dem Historiker Manfred Oelsner in einer Beschreibung des Bodetals verwendet.

(Hinweis: Es gibt keine Norm zur Schreibweise des Bode-Achats. Entweder „Bodeachat” oder „Bode-Achat”. Für die bessere Lesbarkeit hat sich die Autorin für die Schreibweise „Bode-Achat” entschieden.)

Kein Wunder – denn neben der auffällig blauen Farbe – weisen einige Fundstücke eine sog. Fluidstruktur auf, die vom Schmelzprozess bei der Eisenverhüttung stammen. Diese Strukturen erinnern sehr stark an das Mineral Achat. Diese Bezeichnung hat sich im Volksmund etabliert und so spricht man auch heute noch vom Bode-Achat.

Allerdings ist die Bezeichnung „Achat” irreführend, denn Schlacken haben eine ganz andere Zusammensetzung als das Mineral Achat.

Hier eine Gegenüberstellung:

Bildquelle: Bode-Achat (Autorin), Carneol (Briam Cute auf Pixabay)

Warum sind die Harzer Schlacken blau?

Das auffälligste Merkmal des Bode-Achats ist natürlich seine blaue Farbe. Vor allem, wenn sie noch im Wasser liegen, stechen sie dank der eher typisch dunklen Flussgesteine deutlich hervor.

So ganz vollständig ist ihre Farbgebung tatsächlich noch nicht geklärt. Hans-Jürgen Tietze hat sich mit einer Abhandlung aus dem Jahr 2023 damit auseinandergesetzt. Hierbei kam er nach einigen Untersuchungen und Überlegungen zum Fazit:

„Jene winzigen Teilchen, welche in einer blauen Schlacke deren Blaufärbung verursachen sollen, dürften in einer solchen harten und zugleich empfindlichen Masse nicht leicht zu identifizieren sein.”

Hierbei schlägt er vor, doch solche Schlacken künstlich herzustellen, um auf diesem Wege an das Geheimnis der Farbe zu kommen. Man kann also gespannt sein, ob es irgendwann zur Lösung des Geheimnisses kommt.

Weitere Fundorte

Neben dem Bode-Achat gibt es weitere „Achate” aus dem Harz: den Sieber-Achat; auch manchmal als Sieber-Achat bezeichnet und „Achate” aus der Selke.

Die blauen Schlacken aus dem Naturschutzgebiet Siebertal stammen von der ehemaligen Steinrenner Hütte, die die Eisenerze vom Eisensteinberg verhüttet hat. Abgesehen von der unterschiedlichen Lokalität sind sich beide Schlacken zum Verwechseln ähnlich und teilen sich auch die gleichen Eigenschaften.

Als dritten Fundort der blauen Harzer Schlacke ist die Selke zu erwähnen. Bei Mägdesprung (Harzgerode) findet man durchaus in der Selke einige der blauen Schlacken. Eine regionale Bezeichnung für diese Schlacken – wie bei den Bode- und Sieber-Achaten – scheint es allerdings nicht zu geben.

Rheinland-Pfalz

Nicht nur im Harz gibt es die blauen Schlacken. An der Ahr können ebenfalls türkisfarbene Schlacken gefunden werden. Diese werden als Mariensteine oder auch Muttergottessteine bezeichnet.

Nordrhein-Westfalen

Die Sieg bei Dreisel ist ebenfalls ein Fluss, wo du blaue Schlacken finden kannst. Mit etwas Glück kann man auch Glasprodukte aus der Keltenzeit entdecken. Die blauen Schlacken sind dort auch unter dem Namen Siegtürkise bekannt.

Doch Vorsicht bei vermeintlich neuen Fundorten:

Für den Straßenbau werden gerne die Schlacke und die Nebenprodukte der Eisenverhüttung verwendet. Somit kann es passieren, dass man blaue Schlacke an Orten findet, wo es keine Eisenverhüttung gab.

So ergab es sich, dass ich nahe der Einhornhöhle ein Stück Bode-Achat gefunden habe. Da das Stück mitten auf dem befestigten Waldweg lag, ist hier zu vermuten, das Flussgeröll für die Befestigung des Weges genommen wurde. Hierfür spricht auch das Nebengestein, das ich auf dem Weg fand, das nicht zur regionalen Geologie gehörte.

Verwendung von Bode-Achat

Wirtschaftlich haben die blauen Harzer Schlacken kaum eine Bedeutung. Sie dienten bis in die Neuzeit für Architektur und Kunst, als Ersatz für teure Edelsteine und mineralischen Pigmenten.

Heutzutage haben sie nur noch für die Herstellung von Schmuck einer gewissen Bedeutung und dank der attraktiven blauen Farbe und Fluidstruktur sind sie auch bei einigen Sammlern begehrte Fundstücke.

Bode-Achate in Sagen

Der Autor Carsten Kiehne hat ein Buch zu Sagen aus Thale verfasst. Hierbei gibt es auch eine Sage, die von der Entstehung der Bode-Achate erzählt.

Hier kurz zusammengefasst:

Der Göttervater Wotan wollte einst die Quelle der Weisheit aufsuchen. Musste aber als Preis eines seiner blauen Augen abgeben, um aus der Quelle trinken zu dürfen. Das Auge zerfiel mit der Zeit in tausend Teile und sind noch heute als Bode-Achate in der Bode zu finden.

Bode-Achat und Natur

Da der Bode-Achat kein natürlicher, sondern ein menschengemachter Stoff ist, stellt sich hier die Frage, wie umweltverträglich der Stoff ist.

Laut Europäischen Abfallverzeichnis (EAV) bzw. der deutschen Abfallverzeichnisverordnung (AVV) sind Eisenhüttenschlacke kein Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Demzufolge sind sie auch kein „gefährlicher Abfall”.

Fun Facts

  • Als „Bären” werden verbackene Schlacken mit Eisenresten bezeichnet
  • Im Jahr 1569 erfand Julius, der Herzog von Braunschweig und Lüneburg (1529 – 1589), Kanonenkugeln, die aus Schlacke bestanden. Der Vorteil dieser Kugeln war die Einsparung von Eisen. Allerdings waren sie dadurch weniger robust. Oft zerbrachen sie entweder bereits beim Abfeuern im oder kurz nach Verlassen des Kanonenrohres.

Impressionen aus Privatsammlung (mit Maßstab 1 cm)


Steckbrief

Name: Bode-Achat
Andere Namen: Sieber-Achat, Marienglas, Muttergottessteine, Siegtürkis (Name ist abhängig vom Fundort)
Mineralklasse: keine, da anthropogener Ursprung
Chemische Formel: keine, da unterschiedliche Zusammensetzung
Chemische Elemente: Eisen, Kupfer
Farbe: Blau (in verschiedenen Farbvarianten)
Glanz: Matt
Magnetismus: magnetisch
Mohshärte: 6
Transparenz: undurchsichtig
Verwendung: Schmuck, Sammelobjekt


Quellen und Lesenswertes:

Links

Literatur

Die Links wurden zuletzt am 17.11.2023 aufgerufen


Welche blauen Schlacken kennst du? Wo hast du sie gefunden?

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4 Kommentare
  1. Martina sagt

    Hallo Zoe
    Danke für Deinen Bericht über die „Bode-Achate“.
    Ich selber sammle fast alles an interessanten Steinen und was sonst an Ungwöhnlichem draussen in Wald und Wiesen und Strand so „rumliegt“.
    Ich komme gerade von einem spontanem Kurztrip nach Cadzand in Holland, weil ich gelesen habe, dass man dort Haifisch-Zähne finden kann…ich leider nicht aber das heisst nur, dass ich wieder hin muss
    Was ich aber gefunden habe – ist wohl Schlacke – ein grosser, glatter Brocken in grün und viele kleine, aber eher raue in blau.
    Auf der Suche nach Infos zu Schlacke habe ich eben Deinen Blog entdeckt
    Und der Auslöser, warum ich Dir hier schreibe, sind die erwähnten Mariensteine aus der Ahr.
    Da komme ich nämlich her und von hier (bin gerade in der Heimat und sonst in der Schweiz) bin ich auch „mal schnell“ an die Nordsee
    Und „von hier“ wäre denn – vom Bundesland her – Rheinland-Pfalz und auf gar keinen Fall Bayern !
    Ich weiss nicht, ob Du das korrigieren kannst, aber das wäre toll – so für meinen „Heimat-Stolz“.
    Diese Mariensteine aus der Ahr haben wohl alle Kinder von der Ahr früher gesucht und haben noch irgendwo welche in einem Schatzkästchen oder Gläschen
    Ich suche nach ihnen noch immer bei Gelegenheit. Die habe ich in den nächsten Tagen und bin gespannt, ob nach der Flut noch welche übrig sind
    Jetzt werde ich aber erstmal Deinen Blog abonieren

    1. Zoe sagt

      Hallo Martina,
      vielen Dank für deine Feedback und dem Fehlerhinweis. Der Punkt wird umgehend korrigiert. Wie schön, dass es aufmerksame Leser gibt. Viel Spaß weiterhin beim Lesen meines Blogs.

  2. Martin sagt

    Hallo Zoe,
    dein Rock-Blog ist ja der Wahnsinn! Mach bitte weiter so! Und als kleine Ergänzung: Auch in der Mulde kann man blaue „Mulde-Achate“ finden.

    1. Zoe sagt

      Hallo Martin,

      danke für dein Feedback! Welche Mulde meinst du – in Deutschland gibt es unzählige. Und handelt es sich dabei um echte Achate oder um Reste der Eisenverhüttung. Wenn es zum zweiten Punkt zählt, nehme ich es gerne in den Beitrag als weitere Fundmöglichkeit auf.

      Viele Grüße – Zoe

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