Hallo da draußen

Schöne Streifen: der Kalmarsund-Sandstein

„I can only tell where I feel most at home, which is in the erosional landscape of the red rock desert of southern Utah, where the Colorado River cuts through sandstone and the geologic history of the Earth is exposed: our home in Castle Valley.“

© Terry Tempest Williams (*1955), amerikanische Schriftstellerin

Der Kalmarsund-Sandstein gehört zu den auffälligsten Gesteinen am Ostseestrand. Dank seiner besonderen Farbgebung aus dem Wechsel zwischen hellen und dunklen Streifen ist er leicht von anderen Strandsteinen zu unterscheiden. Vor allem im nassen Zustand kommen die Streifen besonders zur Geltung.

In diesem Artikel stelle ich dir diesen besonderen Sandstein vor, der zudem im Jahr 2024 von der Gesellschaft für Geschiebekunde als Sedimentäres Geschiebe des Jahres ernannt wurde.

Name und Herkunft

Der Name „Kalmarsund” bezieht sich auf die Herkunft des Gesteins. Der Kalmarsund ist eine Meerenge in der Ostsee zwischen der schwedischen Insel Öland und der schwedischen Provinz Småland.

Der Sandstein bildet hierbei den Untergrund der Meerenge. Dementsprechend werden eher lokale Strandgerölle gefunden als anstehendes Gestein.


Ausschnitt von geologischer Karte von Schweden mit Fokus auf das vermutete Herkunftsgebiet des Kalmarsund-Sandsteins, bearbeitet von der Autorin; Quelle: https://maps-sweden.com/maps-sweden-geography/geological-map-sweden

Weitere in der Geschiebekunde gebräuchliche Bezeichnungen für den Kalmarsund-Sandstein sind: „Xenusion-Quarzit”, „Chiasma-Sandstein” und „Skolithos-Sandstein”. Alle diese Gesteine zählen als Kalmarsund-Sandsteine. Sie haben nur aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausprägung einen eigenen Namen erhalten.

Hinweis: Im deutschsprachigen Raum wird der Name Kalmarsund-Sandstein einem spezifischen Gestein mit eindeutiger Charakteristika und Alter vergeben. Allerdings wird in Schweden (dem Ursprungsort des Gesteins) der Name jedoch nicht (mehr) einem bestimmten Gesteins zugeordnet, sondern es wird als ein Bestandsteil der File-Haidar-Formation angesehen.

Paläogeographie

Zur Anfang des Kambriums lag der Superkontinent Gondwana am Südpol, während sich am Äquator die Kontinente Sibiria, Laurentia und Baltica befanden. Zwischen Laurentia, Baltica und Gondwana befand sich der Iapetus-Ozean, der die Kontinente voneinander trennte.


Paläogeographische Karte des Kambrium, Quelle: Scotese, C.R., 2001. Atlas of Earth History, Volume 1, Paleogeography, PALEOMAP Project, Arlington, Texas, 52 pp., ergänzt durch Zeitskala und die globale Temperatur Quelle: https://www.geopark-nordisches-steinreich.de/wissen/

Heutzutage werden Teile Skandinaviens, dazu gehört auch die Region um den Kalmarsund, zum Kontinent Baltika gezählt. Folglich ist der Kalmarsund-Sandstein eine Ablagerung, die auf dem Festlandsockel des Kontinents Baltika erfolgte.

Entstehung des Kalmarsund-Sandsteins

Bereits im Ediacarium (vor 635 Millionen Jahren bis 542 Millionen Jahren) begann das Meer von Süden her die Ränder von Baltika zu überschwemmen. Durch das Einsetzen dieser Transgression wurde im heutige Ostseegebiet und Bereich des südöstlichen schwedischen Festlandes in einem flachen Meer Sedimente abgelagert, die direkt auf Ober-Proterozoisches Gestein liegen.

Diese Sedimente verfestigten sich im Verlaufe der Zeit. Der Kalmarsund-Sandstein ist entstanden. Die Überschwemmungen dauerten bis zum Ende des Kambrium an, so das neben dem Kalmarsund-Sandstein weitere Sedimente abgelagert wurden, die zusammen mit dem Kalmarsund-Sandstein die File-Haidar-Formation bildete.

Stratigraphische Zuordnung

Der Kalmarsund-Sandstein stellt keine geologische Ablagerungseinheit dar, sondern wird als Bestandteil des Viklau-Member der File-Haidar-Formation zugeschrieben. Diese Formation wurde von Bergström & Gee (1985) benannt und definiert.

Sie umfasst das Unterkambrium im südlichen Mittelschweden sowie auf den Insel Öland und Gotland in der zentralen Ostsee. Das Alter dieser Formation wird dem oberen Unterkambrium (Serie 2, Stufe 4) zugeschrieben, das einem ungefähren Zeitraum von vor 514 bis 509 Millionen Jahren entspricht.


Ausschnitt von stratigraphischer Tabelle, Alter der File-Haidar-Formation wurde von Autorin farblich markiert, Quelle der Tabelle: Interactive International Chronostratigraphic Chart, International Commission on Stratigraphy, https://stratigraphy.org/timescale/

Eigenschaften

  • Gefüge

Der Kalmarsund-Sandstein ist ein rein quarzitischer Sandstein mit einer feinen, gleichmäßigen Körnung. Daher wird er auch – aber eher selten – als Kalmarsund-Quarzit bezeichnet.

Die Sandkörner sind gut gerundet, was auf eine Ablagerung im flachen Meer oder Brandungsbereich einer Küste mit stetigen Bewegungen hindeutet. Auch auftretende Schrägschichtungen deuten auf eine flachmarine Ablagerungsprozess hin. Als Bindemittel zwischen den Körnern dient Hämatit, ebenfalls ein guter Hinweis auf die Entstehung in Flachwasserbereichen von präkambrischer Meere.

  • Farbe

Das auffallendste Merkmal des Kalmarsund-Sandsteins ist seine gegensätzliche Farbgebung. Der Wechsel zwischen violett-gelben Bändern ist vor allem im nassen Zustand ausgezeichnet zu erkennen und somit gut von anderen Gesteinen zu unterscheiden. Das führt dazu, das er gerne als Strandfund mitgenommen wird.

  • Schichten / Streifen

Schichten entstehen durch die Ablagerung von Material, das sich im Verlaufe der Zeit verfestigt und daraus dann eine Schichtung entsteht. Aufgrund unterschiedlicher Mengen an Material in unterschiedlicher Zeitfolge, können die Schichten jeweils dick oder dünn ausfallen.

  • Variationen

Der Chiasma-Sandstein ist eine besondere Variation des Kalmarsund-Sandsteins. Das Wort „Chiasma” kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet „Kreuzung” und meint damit die sich überkreuzenden Streifen im Gestein.

Dieses Phänomen ist nicht durch die Sedimentation verursacht worden, sondern geht auf chemische Vorgänge unter wechselnden Ablagerungsgegebenheiten zurück. Sie sind nicht Zeichen einer sedimentären Ablagerung, sondern ist durch die Oxidation und Ausfällung von Brauneisen entstanden.


Chiasma-Sandstein, Öland, Quelle: Witzel (SSB), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Fossilien

  • Xenusion auerswaldae

Der Kalmarsund-Sandstein ist recht fossilarm, allerdings sind im Gestein ein paar rare Funde des Fossils Xenusion auerwaldae gemacht worden. Ein Tier, der man aufgrund seines Aussehens eine Verwandtschaft zu den heutigen Stummelfüsslern (Onychophora) nachsagt.

Mehr über Xenusion erfährst du im Blog-Artikel Das älteste Körperfossil Deutschlands: Xenusion auerswaldae – Rambling Rocks

  • Skolithos sp.

Skolithos ist die Gattungsbezeichnung für ein Spurenfossil. Hierbei handelt es sich um senkrecht zur Schichtung verlaufende Röhren , die vermutlich von einem suspensionsfressenden wurmähnlichen Tier stammen.

Die Spuren sind allerdings nicht nur im Kalmarsund-Sandstein, sondern kommen weltweit auch in anderen marinen und fluviatilen Sandsteinen vor.


Skolithos im Sandstein, Fundort: Timmendorf Strand, Insel Poel, leg. N. Mühl

Fundorte und Aufschlüsse

Nahezu überall an der deutschen Ostseeküste kann man Kalmarsund-Sandstein als Geschiebe finden. Funde mit Skolithos sind dabei nicht selten.

Verwechslungsgefahr

Dank seiner auffälligen Streifung ist er gut von anderen Sandsteinen zu unterscheiden. Dennoch gibt es einige Sandsteine, die dem Kalmarsund-Sandstein recht ähnlich sein können.

  • Jotnischer Sandstein

Der Name des Gesteins beruht auf die (nicht mehr gebräuchliche) Bezeichnung eines zeitlichen Abschnitt im mittleren Proterozoikum, die vor etwa 1,4 Milliarden beginnt und bis etwa 1,3 Milliarden Jahre dauerte.

Jotnische Sandsteine sind rote oder violett gefärbtes Sandstein-Geschiebe, die meist mit erkennbarer Schichtung sowie hellen und runden Entfärbungsflecken zu finden sind.


Jotnischer Sandstein mit typischen Entfärbungsflecken, Fundort: zwischen Schwarzer Busch und Gollwitz, Insel Poel, leg. N. Mühl

  • Nexö-Sandstein

Der Nexö-Sandstein ist nach der kleinen Hafenstadt Nexö auf Bornholm benannt worden. Dort steht der rote, Feldspatreiche Sandstein an und wird noch heute im Steinbruch abgebaut.

Ihm wird ein Alter von etwa 600 Millionen Jahren zugeordnet. Wie der Jotnische Sandstein ist der Nexö-Sandstein ebenfalls fossilleer. Jedoch kann er Wind- oder Strömungsrippel aufweisen, das auf einen küstennahen Ablagerungsraum (vermutlich Flussebene) schließen lässt.


Nexö-Sandstein, von oben und von der Seite fotografiert, Fundort: Nexö, Bornholm, leg. N. Mühl


Quellen und lesenswerte Links

Hier gibt es Quellen und weiteres Lesefutter zum Kalmarsund-Sandstein:


Hast du schon einen Kalmarsund-Sandstein gefunden? Wo hast du das Gestein gefunden? Hast du Fossilien im Sandstein entdeckt? 

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