Das Gold der Ostsee: Der Baltische Bernstein
„Doch das Edelharz der Wunde,
– Unvergänglich Dich erhalten. Hat es für Jahrtausende.”
(Aus: Mit einem Stück Bernstein)
© Felix Dahn (1834 – 1912), deutscher Professor für Rechtswissenschaften, Schriftsteller und Historiker
Kaum einer kann sich der Faszination des Bernsteins entziehen. Das sogenannte „Gold der Ostsee” ist aber kein Stein, sondern ein fossiles Harz, das vor über vielen Millionen Jahren entstanden ist.
Schauen wir uns mal dieses „Gold” näher an.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Bernstein?
Der Name „Bernstein” ist etwas irreführend, da es sich weder um ein anorganisches Mineral noch ein Gestein handelt. Bernstein ist ein fossiles Harz, das hauptsächlich von Nadelbäumen produziert wurde und damit organischem Ursprungs ist.
Das Produzieren von Harz diente in erster Linie der Wundversieglung des Baumes. Auch heute kann man diesen Prozess an Bäumen beobachten.
Es gibt nicht den „einen” Bernstein, denn es sind weltweit etwa 80 Bernsteinarten bekannt. Diese werden anhand ihrer Herkunft und ihrer Farbvariation unterschieden.
Zu den bekanntesten Bernsteinen gehören der „Ostsee-Bernstein” – auch „Baltische Bernstein” genannt – und der „Dominikanische Bernstein”.
Der Name „Bernstein“ und seine Eigenschaften
Der Name „Bernstein„ stammt vom mittelniederdeutschen Wort „Börnsteen” ab, das einfach „Brennstein” bedeutet. Bevor man Wachkerzen als Lichtquelle verwendete, wurde Bernstein verbrannt. Bernstein brennt leicht und lange und verbreitet beim Brennen einen harzigen Duft. Doch nur beim Brennen riecht man diesen typischen Duft, denn normalerweise ist ein Stück Bernstein völlig geruchsfrei.
Succinit ist die wissenschaftliche Bezeichnung vom Bernstein. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort „succinum” ab, das einfach „Bernstein“ bedeutet.
Bernstein ist weich und sehr leicht und eignet sich daher sehr gut für die Weiterverarbeitung zu einem Schmuckstein. Bei der Ausbildung zum Drechsler, kann man sich auf die Verarbeitung von Bernstein spezialisieren. Früher gab es den Beruf des Paternostermacher, synonym „Bernsteindreher”. Seine Aufgabe war es, hauptsächlich Bernsteine zu Schmuck zu verarbeiten.
Die Eigenschaften des Bernstein
Bernstein ist weltweit verbreitet, daher gibt es ihn in zahlreichen Farben und Formen. Verwitterungsprozesse, eingeschlossene Luftbläschen und Verunreinigungen haben einen großen Einfluss auf das Aussehen des Bernsteins. Auch gibt es viele verschiedenen Farben, in denen der Bernstein auftreten kann. Man zählt bis zu 400 unterschiedliche Farben und Farbtöne. Die häufigste und bekannteste Färbung ist eine hellgelbe bis goldgelbe Variante.
Das Alter eines Bernsteins kann man grob anhand der Farbvariation erkennen. Bernstein ist ein natürliches Material und kann daher auch altern. Im Alter verfärbt sich der Bernstein von einem hellen zu einem mehr rot- oder bräunlich-gelben Farbton. In wenigen Fällen kann es sogar zu einem satten Rotton kommen.
Neben den üblichen gelben und rötlichen Farbtönen, gibt es den sehr seltenen Fall, dass Bernsteine eine blaue Farbe haben. Kohlenwasserstoffe im Bernstein reflektieren das ultraviolette Licht der Sonne und daher erscheint der Bernstein blau. In der Dominikanischen Republik sind solche Funde des blauen Bernsteins bekannt. Warum aber hauptsächlich dort der blaue Bernstein vorkommt, ist noch ein Rätsel.
Wie entstand der Bernstein?
Der Ursprungsort des Bernsteins liegt vor vielen Millionen Jahre in riesigen Wäldern des Bernsteinkiefer (Pinus succinifera). Dieser Baum wuchs einst massenhaft z.B. im baltischen Raum und sonderte das Harz ab, deren Menge auf ca. 1 Millionen Tonnen geschätzt wird. Die massenhafte Erhaltung des Bernsteins ist dadurch zu erklären, das gestürzte Bäume rasch mit Erde und Sand bedeckt wurden und somit den fossilen Erhalt der Harzes begünstigt wurde.
Der (wissenschaftliche) Wert von Bernstein
Bei einigen Bernsteinstücken sind Einschlüsse („Inklusen”) zu sehen. Das können Insekten, Pflanzenteile oder sogar kleine Wirbeltiere sein. Diese Funde sind oft so gut erhalten, dass man ihre Art genau bestimmen kann. Für Wissenschaftler haben die Inklusen einen hohen wissenschaftlichen Wert, weil die Funde im Bernstein in dreidimensionaler Form erhalten sind.
Wo findet man Bernstein?
In Deutschland kann man Bernstein an der Nordseeküste als auch an der Ostseeküste finden. Die bekanntesten Funde im Landesinneren befinden sich im Raum Bitterfeld.
Da der größte Anteil am deutschen Bernstein an der Ostsee gefunden wird, wird er auch als das „Gold der Ostsee” bezeichnet.
Bernstein wird nicht nur in Deutschland, sondern weltweit gefunden, denn er bildete sich in den verschiedensten Erdzeitaltern. Die ältesten Bernsteine werden auf über 200 Millionen Jahre geschätzt. Das europäische Vorkommen stammt wohl zum größten Teil aus der Tertiärzeit und ist rund 32 bis 7 Millionen Jahre alt.
Die größte Menge an Bernstein gewinnt man heutzutage im industriellen Tagebau. Sammler dagegen gehen gern an die Steilküsten und Strände und suchen dort nach dem begehrten fossilem Harz. Die bekanntesten Fundorte liegen im Baltikum und im Samland, eine Halbinsel in der östlichen Ostsee. Die Funde am dortigen Küstenstreifen sind so zahlreich, das man sogar von der „Bernsteinküste” spricht.
Was ist Baltischer Bernstein?
Am häufigsten wird in Deutschland an der Ostseeküste der goldgelbe Bernstein gefunden, der auch als „Baltischer Bernstein” bezeichnet wird.
Sein Alter wird auf etwa 40 bis 50 Millionen Jahre geschätzt, das dem Eozän-Zeitalter entspricht. Der „Baltische Bernstein“ kommt von allen Bernsteinarten am häufigsten vor und ist wissenschaftlich am besten erforscht.
Woher stammt der Baltische Bernstein?
Im Eozän-Zeitalter befand sich im nördlichen Europa der sogenannte „Bernsteinwald“. Wie ein breiter Gürtel erstreckte er sich im Westen vom heutigen Skandinavien bis in den Osten des heutigen Ural. Seine südliche Grenze war die Küste eines Meeres, das südlicher als die heutige Ostsee lag.
Doch wie gelangte der Bernstein in das Meer? Der Bernsteinwald war ein dichter Wald, der von Flüssen, die ins Meer mündeten, durchzogen war. Durch Überschwemmungen, starken Regenfällen oder Umstürzen der Bäumen, wurde das Harz an den Bäumen weggeschwemmt.
Das Entwässerungssystem im Eozän im Bernsteinwald wird auch als „Eridanos“ (nach dem Fluss der Unterwelt in der griechischen Mythologie) bezeichnet. Dieses Urstromgebiet transportierte den Bernstein nach Süden in Richtung des heutigen Ostseegebietes. Das Flussdelta des Eridanos, wo sich der Bernstein anschließend massenhaft ablagerte, verlief von der Samlandküste im Osten bis nach Kaliningrad – die sogenannte „Bernsteinküste“.
Wo kann man „Baltischen Bernstein“ sammeln?
Bernstein wird aufgrund seines geringen Gewichts meist in Verbindung mit Treibgut oder Pflanzenteilen an den Strand gespült. Besonders häufig ist Bernstein an Stellen zu finden an denen Flutsaum entsteht. Hier sollte man im Seegras oder Seetang mit den Händen nach Bernstein suchen. Aber auch Strandabschnitte, die von Holz oder Muscheln in Kombination mit Seegras angespült werden, sind oft gute Fundstellen.
Als gute Fundplätze in Deutschland gelten: Usedom, Rügen, Hiddensee und die Westküste von Darß auf der Höhe von Prerow.
Wann kann man Bernstein finden?
Nicht nur der Ort, sondern auch der Zeitpunkt kann für das Finden entscheidend sein. Die größte Chance einen Bernstein zu finden, ist direkt nach einem Sturm, da die heftigen Wellenbewegungen den Bernstein vom Erdboden heraufholen und diesen in Richtung Strand spülen.
Die Frühjahrs- und Herbstmonate sind die Monate, wo Stürme häufig an der Ostseeküste vorkommen. Zudem ist in den kalten Jahreszeiten das Wasser dichter und dadurch hat es mehr Kraft, den Bernstein bis zur Küste zu transportieren.
Im Sommer kann man nicht so gut Bernstein sammeln, denn nur kaltes salziges Meerwasser besitzt eine so hohe Dichte, so dass der Bernstein auf der Wasseroberfläche treiben kann.
Auch auf die Windrichtung sollte man achten. Hier gilt die einfache Regel: wenn der Wind von Norden her kommt, sollte ein Nordstrand aufgesucht werden. Geht der Wind in Richtung Nordost, sollte man einen Küstenabschnitt aufsuchen, der sich von Nordost nach Südost erstreckt. Der Küstenabschnitt sollte also immer der Himmelsrichtung angepaßt sein, von wo aus der Wind weht.
Zuletzt empfehle ich, das Bernstein sammeln in den frühen Morgenstunden. Am besten mit einer Taschenlampe ausgerüstet, begibt man sich noch vor Sonnenaufgang zum Strand oder zur Küste.
Verwechslungsgefahren
Jedes Bernsteinstück ist ein Unikat, dennoch kann es mit 2 anderen „Schätzen“ der Ostsee verwechselt werden:
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Phosphor
Beim Sammeln von Bernstein sollte man aufpassen, das man ihn nicht mit weißen Phosphor verwechselt.
In der Ostsee liegen aus dem 2. Weltkrieg noch Munitionsreste, darunter auch Brandbomben, die zum größten Teil aus weißen Phosphor bestehen. Dieser bleibt ohne Verlust im Meer beständig, weil er sich im Wasser nicht abbaut. Zudem hat weißer Phosphor die Fähigkeit, sich selbst zu entzünden. Allerdings entzündet er sich nur im trocknen Zustand bei Lufttemperaturen von 20 – 40°C. Im Wasser der Ostsee ist eine Selbstentzündung daher nicht möglich.
Kommt es zu einer Selbstentzündung, sollte der Brand nicht mit Wasser gelöscht werden, da brennender Phosphor durch das Zufügen von Wasser zu einer ätzenden Phosphorsäure reagiert. Sand oder spezielle Feuerlöscher können allerdings den Brand ersticken. Brennender Phosphor hat eine weiße Flamme und durch den Kontakt mit Sauerstoff riecht er leicht nach Knoblauch.
Vergewissere dich daher bei einem „Bernstein“-Fund, ob es wirklich sich um ein Bernstein handelt (weitere Tipps: s. Abschnitt: „Woran erkenne ich einen echten Bernstein?“).
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Seeglas
Eigentlich ist „Seeglas” nichts anderes als Glasmüll. Diese Glasscherben, die einst ins Meer gelangten, sind durch das salzhaltige Wasser geschliffen und dann an die Küste gespült worden. Orangefarbene Glasstücke können dann wie ein Bernstein aussehen.
Obwohl es sich nur um Glas handelt, hat sich Seeglas zu einem begehrten Sammelobjekt entwickelt. Dabei sind aber nicht die orangefarbenen Glasstücke, die dem Bernstein am ähnlichsten sind, die wertvollsten Stücke. Sehr selten ist rotes oder blaues Seeglas und daher beim Sammlern sehr beliebt.
Woran erkenne ich einen echten Bernstein?
Nicht jeder hat das Glück in der Nähe der Ostseeküste zu wohnen, um dort die Möglichkeit zu haben, Bernstein zu sammeln.
Bernstein kann man natürlich auch käuflich erwerben. Aber ist dieser Bernstein echt oder nur ein billiges Imitat?
Hier sind meine 7 Tipps, wie du einen echten von einem falschen Bernstein unterscheiden kannst. Alle hier genannten Methoden lassen sich ohne großen Aufwand (zu Hause) ausführen. Dabei wird der Bernstein nicht beschädigt oder gar zerstört:
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- Oft verrät allein der Verkaufsname vom Bernstein, ob es sich um einen echten oder falschen Bernstein handelt.
- Rohbernstein: unbearbeitete Fundstücke von Bernstein
- Natur-Bernstein: ein echter Bernstein, meist zusätzlich bearbeitet (z. B. poliert oder angeschliffen)
- Echtbernstein: Bernstein, der aus Bernsteinstaub, -splitter oder -schleifresten besteht, die beim Temperaturen zwischen 200 und 250 Grad und unter hohem Druck bis zu 3000 bar zu einem Stück zusammengepresst wurden. Weitere Synonyme sind „Pressbernstein“ oder „Ambroid“.
- Kopal/Copal: Sammelbezeichnung für Baumharze, die ein deutlich jüngeres Alter als echten Bernstein haben. Kopal wird als Räucherwerk und für Farben und Lacke verwendet.
- Polybern: auch als Bernit bekannt. Er ist in der ehemaligen DDR produziert als Bernsteinimitat produziert worden.
- Rohbernstein: unbearbeitete Fundstücke von Bernstein
- Der Preis kann ein Hinweis auf die Echtheit des Bernsteins sein. Seltene Inklusen, z. B. ein Wirbeltier im Bernstein, gibt es nicht für unter 100 Euro.
- Die Inklusen im Bernstein kann man auch fälschen, da sie sehr beliebt sind. Doch wie erkennt man einen echten Einschluss?
- Eine Inklusenfälschung lässt sich daran erkennen, dass der Bernstein rund um den Einschluss anders aussieht, zum Beispiel heller und klarer. Wenn ein Insekt im Bernstein eher unnatürlich geformt oder sogar gequetscht erscheint, ist dies ein weiterer Hinweis auf eine Fälschung. Im Anschliff kann man zudem erkennen, ob das Tier hohl ist. Ist dies nicht der Fall, deutet das auf eine Fälschung hin.
- Echten Inklusen lassen sich Sternhaare finden oder weißliche Stellen direkt am Einschluss oder auf einer kompletten Seite. Diese werden auch als „Verlumungsspuren” bezeichnet.
- Eine Inklusenfälschung lässt sich daran erkennen, dass der Bernstein rund um den Einschluss anders aussieht, zum Beispiel heller und klarer. Wenn ein Insekt im Bernstein eher unnatürlich geformt oder sogar gequetscht erscheint, ist dies ein weiterer Hinweis auf eine Fälschung. Im Anschliff kann man zudem erkennen, ob das Tier hohl ist. Ist dies nicht der Fall, deutet das auf eine Fälschung hin.
- Bernstein schwimmt bei einer stark salzhaltigem Wasserlösung auf der Wasseroberfläche (s. Bild oben), während Steine oder Glas nach unten sinken. Diese „Schwimm“-Methode wende ich persönlich am Liebsten an, weil es eine sehr schnelle und einfache Methode ist.
- Echte Bernsteine haben die Eigenschaft, sich elektrostatisch aufzuladen. Durch einfaches Reiben an Kunststoffen oder an Wolle kann man die Bernsteine aufladen. Anschließend hält man den Bernstein über kleine Papierschnipsel, Stofffasern oder Wolle. Werden sie vom Bernstein angezogen, ist es ein echter Bernstein. Auch ein Harzgeruch beim Reiben ist ein Hinweis dafür, das es sich um echten Bernstein handelt.
- Die Bissmethode ist eine etwas ungewöhnliche, aber auch eine schnelle Methode, einen echten Bernstein von einem Stein, Glas o. ä. zu unterscheiden. Beißt man auf Bernstein, kann man die weichere Oberfläche deutlich spüren. Zudem fühlt es sich beim Bernstein dumpf an, während Glas und Stein sich eindeutig härter anfühlen. (Für eventuelle Schäden der Zähne beim Ausprobieren dieser Methode übernehme ich keine Haftung.)
- Bernsteine leuchten bläulich unterm UV-Licht gelb-grünlich. Wer eine UV-Taschenlampe hat, kann ja auch mal im Dunkeln versuchen, am Strand nach Bernstein Ausschau zu halten. Nur wenige andere Gesteine am Strand leuchten bei UV-Strahlung. Die meisten Gesteine bleiben schwarz. Es besteht also mit dem UV-Test nur eine geringe Verwechslungsgefahr.
- Oft verrät allein der Verkaufsname vom Bernstein, ob es sich um einen echten oder falschen Bernstein handelt.
Quellen und Links
Wissendurst über den Bernstein noch nicht gestillt? Die folgenden Links können vielleicht abhelfen:
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- Informationen über den Ostsee-Bernstein – www.killikus.de
- Allgemeine Informationenen über Bernstein – www.karrer-edelsteine.de
- Chemische Experimente mit Bernstein – www.chemieunterricht.de
- Kurzer Steckbrief über Bernstein und weißer Phosphor – www.steine-und-minerale.de
Einige Bernstein-Echtheitstests – bernstein-mit-stil.de- Bernstein-Echtheitstest – www.usedom-net.de
- Artikel über den Pasternostermacher – www.spiegel.de
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Die Links wurden am 12.10.2021 abgerufen