Hallo da draußen

8. HWN-Tour: Von Osterode nach Clausthal-Zellerfeld

„Betrachtet das Erwachen des Frühlings und das Erscheinen der Morgenröte!
Die Schönheit offenbart sich denjenigen, die betrachten.”
© Khilal Gibran (1883 – 1931), libanesisch-amerikanischer Maler, Philosoph und Dichter

Es ist kurz nach 9 Uhr. Ich hatte gut und reichlich in meinem Hotel gefrühstückt und mache mich nun auf dem Weg, den 2. Tag meiner 2-Tages-Wandertour im Harz zu vollenden.

Um den ersten Wanderstempel zu erreichen, muss ich erst mal durch die Stadt Osterode gehen. Die Sonne scheint und verspricht einen warmen Frühlingstag. Es sind keine weiteren Menschen unterwegs. Osterode habe ich jetzt für mich alleine. Ich mag dieses Gefühl und genieße die Ruhe, die von der Stadt an diesem Morgen ausgestrahlt wird.

Die „Söse”

Ich orientiere mich an der Söse. Sie ist ein ungefähr 38 km langer Fluss, der durch den Westharz fließt. Eigentlich ist sie ein Gebirgsfluss, doch dank einer Staumauer ist sie gezähmt worden und fließt daher eher ruhig und leise durch die Stadt Osterode. Sehr niedrig und leise plätschert sie zurzeit dahin, als ich von einer Brücke ins Flussbett blicke.

Ich folge dem Verlauf des Baches westwärts. Erst bei einem Kreisverkehr wechsle ich die Seite und folge der Scherenberger Straße, die mich zum offiziellen Eingang des Harzer-Hexen-Stiegs führt.


Söse
Die Söse

Der Harzer-Hexen-Stieg

Ich bin bereits ein paar Male abschnittsweise auf dem Harzer-Hexen-Stieg gewandert. Doch heute wird er mein Hauptwanderweg sein. Zumal liegen einige Stempelstellen der Harzer Wandernadel auf der Strecke, die ich gerne aufsuchen möchte.


Harzer Hexenstieg
Harzer Hexenstieg: Hier geht es los!

Seit 2003 ist der Harzer-Hexen-Stieg ein knapp 100 km langer Wanderweg, der von Osterode durch den Harz über den Brocken nach Thale führt.

Der Name des Wanderweges leitet sich davon ab, dass außer dem Brocken und dem Hexentanzplatz in Thale auch weitere mystische Stätte erwandert werden können. Vom offiziellen Eingang des Harzer-Hexen-Stieges geht es auf dem Hundscher Weg hinauf auf dem Butterberg.

Auf dem Butterberg zum Eselsplatz

Der Hundscher Weg ist ein Aufstieg von Osterode zur Clausthaler Hochfläche. Er war bis ins Hochmittelalter die Verbindung zwischen Osterode und Harzburg. Der Weg diente als Heerstraße zur Harzburg, als Versorgungs- und Transportstraße.

In Osterode wurde das Getreide für die Bergleute im Harz gespeichert. Von hier aus zogen tagtäglich Eselskarawanen über den Hundscher Weg nach Clausthal, um die Bergleute mit Lebensmitteln zu versorgen.


Zoe und Kiepenfrau
Kommt hier noch jemand vorbei?

Ich mache eine kleine Rast auf einer „Erlebnisinsel”. Die Erlebnisinseln sind eine Reihe von insgesamt 12 Installationen am Harzer-Hexen-Stieg, die dem Wanderer zum Verweilen und zum Mitmachen verleiten.

Neben mir sitzt eine Holzskulptur einer Kiepenfrau. Diese Frauen haben vom 16. bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein mit ihren Kiepen verschiedene Waren zwischen den Orten im Oberharz transportiert.

Eine „Kiepe“ ist ein hoher Korb, der wie ein Rucksack getragen wird. Eine volle Kiepe wog bis zu 40 Kilogramm! Wer möchte, kann bei dieser Erlebnisinsel einmal eine Kiepe anheben und erfahren, wie schwer sich 40 Kilogramm anfühlen.

Bald erklimme ich die erste Bergkuppe. Die Köte auf dem Eselplatz ist jetzt nicht mehr weit. Sie ist ein beliebtes Ziel, nicht nur weil hier sowohl eine Stempelstelle als auch ein Rastplatz ist, sondern weil der Eselplatz auch ein Knotenpunkt für verschiedene Wanderwege ist.

Ameisen auf dem Höhenweg

Nach einer kurzen Rast geht meine Wanderung auf dem Hundscher Weg weiter. Da der Weg recht gut ausgeschildert ist, kann ich meine Gedanken treiben lassen, ohne auf dem Weg achten zu müssen.

Da fällt mir am Wegesrand ein kleiner Hügel auf, auf dem sich etwas bewegt. Es ist ein Ameisenhügel mit Tausenden von Ameisen darauf. Es sind Rote Waldameisen (Formica sp.), die eifrig auf ihrem Nest krabbeln. Ihr Nest besteht meist aus Baumnadeln, Blätter, kleine Zweige sowie Moos und Gras, die die Ameisen dafür zusammengetragen haben. Auch während ich die Tiere beobachte, sind sie emsig dabei, allerhand Dinge zu ihrem Hügel zu tragen.


Waldameisen
Waldameisen

Rote Waldameisen sind geschützte Tiere. Nicht nur, da ihr Bestand bedroht ist, sondern auch, weil sie sehr nützliche Tiere für das Ökosystem Wald sind. Zudem dienen sie für Vögel als Nahrungsquelle sowie auch als „Ameisenbad”.

Bei diesem „Bad” setzt sich der Vogel mit ausgebreiteten Flügeln auf die Ameisen. Diese wollen ihr Volk beschützen und besprühen daher den Vogel mit Ameisensäure. Diese Säure hilft dem Vogel, sich von anderen Ungeziefer zu befreien.

Ich verzichte lieber auf diese Form von Chemiekeule und entferne mich wieder vom Nest und setze meinen Weg fort.


Harzer Wald
Harzer Wald

Dem Harzer-Hexen-Stieg weiter folgend, befinde ich mich nun auf dem Hochweg „Roten Sohle“. Dieser Weg für mich zu einigen Ausblicken zum Dorf Lerbach, das im Tal links von mir liegt.

Die Geologie vom Acker

Ich erreiche, ohne weitere besonderen Vorkommnissen, mein nächstes Etappenziel: den „Ackerblick”. Er ist keine Stempelstelle, sondern ein Aussichtspunkt zum Gebirgskamm „Auf dem Acker” (kurz: „Acker”). Ein Familie war schneller als ich und macht sich auf der einzigen Sitzbank bequem.


Ackerblick
Der Ackerblick

Ich genieße folglich im Stehen die Aussicht. Der Bergkamm „Acker“ besteht aus mehreren Klippen und Felsen, die wiederum aus dem Acker-Bruchberg-Quarzit bestehen. Das ist ein Quarzit-Sandstein, der eine leicht rötliche Färbung aufweist und sehr widerstandsfähig ist.

Mit dem Ackerblick habe ich eine der wenigen Anhöhen meiner Wandertour erreicht. Mein Weg führt mich von hier aus weiter in Richtung Buntenbock, das bereits ein Ortsteil von Clausthal-Zellerfeld ist. Der Weg dorthin weist kaum Steigungen auf. Das gefällt mir.

Ein Gruppe von Steinmännchen

Auf dem Weg zur Stempelstelle Braunseck wandere ich weiter auf dem Harzer-Hexen-Stieg, der nun durch einen Buchen- und Fichtenwald führt. Eigentlich ist es jetzt eine etwas längere Strecke bis zur nächsten Stempelstelle, doch eine Gruppe von „Steinmännchen” hat mein Interesse geweckt.


Steinmännchen
Viele Steinmännchen säumen den Weg

Steinmännchen sind einfach aufeinander gestapelte Steine in Form von kleinen Türmen. Sie sind auch als „Steinmänner”, „Steinmanderl” oder als „Steindauben bekannt. Sie sind eine Form der Wegmarkierung, die weltweit von Wanderer benutzt wird. Ich bin bereits hier in Deutschland, aber auch in anderen Ländern solchen Steinmännchen begegnet. Aber nur selten bin ich auf eine so große Anzahl gestoßen.

Diese Steinmännchen bestehen aus dem umliegenden Gesteinen, die zur Clausthaler-Kulmfaltenzone gehören. Dies ist eine geologische Einheit innerhalb vom Oberharz und besteht aus Grauwacken, Kiesel- und Tonschiefern.

Ich folge dieser Wandertradition und hebe ein paar kleine Gesteinsbrocken vom Boden auf und baue ein kleines Türmchen, der den Weg für zukünftige Wanderer weisen soll.

Verlaufen?! Kein Drama!

Eigentlich passiert dies sehr selten auf meinen Wanderungen, aber es ist passiert. Ich hab mich verlaufen. Aber nicht so richtig. Ich bin an einer Stempelstelle angekommen – nur ist es die Falsche! Statt der Stempelstelle Braunseck, bin ich beim Bärenbrucher Teich gelandet.


Bärenbrucher Teich Blick
Braunsecker Teich

Dies ist aber keine Katastrophe. Immerhin habe ich ja jetzt einen Stempel in meinem Heft. Zudem habe ich doch noch Glück im Unglück. Ein älteres Wanderpaar, ebenfalls Stempelsammler, kehren zur Schutzhütte der Stempelstelle ein. Ich sehe, dass beide eine Wanderkarte in den Händen halten.

Freundlich frage ich sie, ob ich sie mir kurz ausleihen darf, da ich die Stempelstelle Braunseck wohl übersehen habe. Ohne zu zögern bekomme ich die Karte in die Hand gedrückt und der ältere Herr zeigte mir sogar, wo die gesuchte Stempelstelle sei. Mit großem Dank geht es erst mal in Richtung Braunseck. Das ist zwar eine kleine Planänderung meiner Tour, aber keine dramatische.

Ich stelle fest, das nur an einer Ecke eine Beschilderung für die Stempelstelle Braunseck vorhanden ist. Kein Wunder, das ich dann falsch gelaufen bin. Einmal übersehen und zack – man kommt woanders an.


Bärenbrucher Teich
Der Bärenbrucher Teich

Da ich nun den Weg etwas zurückgehen muss, kann ich mir nochmals den Bärenbrucher Teich genauer anschauen. Bei der Schutzhütte der Stempelstelle ist ein Informationsschild aufgestellt worden, das über die Oberharzer Wasserregale aufklärt. Der Bärenbrucher Teich gehört zu diesen Wasserregalen und war ein ehemaliger Bergbauteich. Heute gehört er zum UNESCO-Welterbe.

Der Bärenbrucher Teich ist wohl ein beliebtes Ausflugsziel. Hier ist heute auch wirklich was los. Wanderer und Fahrradfahrer, Kinder und Erwachsene tummeln sich am Beckenrand.

Ich gehe nun ein Teil meines Wanderwegs zurück, bis ich die dritte Kreuzung erreiche. Dort biege ich nach links ab und komme (endlich!!!) zur Stempelstelle Braunseck.

Der Bahnhof Braunseck, Entensumpf und Innerste Ursprung

Der Wegkreuzung bei der Stempelstelle Braunseck wird von den Einheimischen „Buntenbocker Bahnhof“ genannt, doch Spuren einer Bahnlinie oder eines Bahngebäudes kann man nicht mehr entdecken. 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts plante man hier eine Eisenbahnlinie zwischen Buntenbock und anderen Orten im Harz zu erschließen. Erste Arbeiten an der Strecke wie Schneisen in den Wald schlagen wurden bereits durchgeführt. Doch der 1. Weltkrieg beendete die Arbeiten an der Bahnstrecke und wurden nach Ende des Krieges nicht wieder aufgenommen.

Der Stempel ist ins Heft gedrückt und damit habe ich für heute genug Stempel gesammelt. Ich überlege noch, ob ich mir den Stempel der Huttaler Widerwaage hole. Schließlich lasse ich es sein. Es ist schon spät am Nachmittag und ich möchte vor der Dunkelheit Clausthal-Zellerfeld erreichen.

Auf dem Kehrzug, der mich zur B242 führt, komme ich am Entensumpf und an der Quelle der Innerste vorbei. Die Innerste ist ein Nebenfluss der Leine in Niedersachsen. Bereits nach wenigen Metern, fließt die Innerste in den Entensumpf, einen von Bergleuten angelegten Stauteich, der ursprünglich der Trinkwasserversorgung Clausthals diente.


Quelle der Innerste
Der Innerste Sprung

Vorbei am Waldparkplatz und über die B242 gelange ich zum nächsten ehemaligen Bergbauteich: der Hirschler Teich. Seine Aufgabe war einst Wasser für den Antrieb von Wasserräder der hochgelegenen Erzgruben „Dorothea“ und „Caroline“ zu speichern.

Heute ist er Trinkwasserspeicher für die Stadt Clausthal-Zellerfeld. Da der Hirschler Teich zu dem Oberharzer Wasserregal gehört, steht dieser unter Denkmalschutz.

Clausthal-Zellerfeld und Heimfahrt

Vom Hirschler Teich führt ein kleiner Pfad parallel zur Bundesstraße in die Stadt Clausthal-Zellerfeld hinein. Clausthal-Zellerfeld ist Berg- und Universitätsstadt. Sie wird wegen des Höhenklimas und der klaren Luft sehr geschätzt. Zudem ist sie ein staatlich anerkannter Luftkurort.


Pfad nach Clausthal-Zellerfeld
Trampelpfad nach Clausthal-Zellerfeld

Als ich Stadtgrenze erreiche, überlege ich ob ich den Bus nehmen oder ich den Weg bis zum ZOB Clausthal-Zellerfeld weitergehen sollte. Ich bin jetzt ziemlich müde und meine Beine brauche auch eine Pause. In der Ferne sehe ich eine Bushaltestelle. Okay, bis dahin und nicht weiter.

Von der Andreasberger Straße bringt mich ein Bus, auf dem ich nicht lange warten muss, bis zum ZOB.

Beim ZOB wird aber meine Geduld auf die Probe gestellt. Denn es dauert eine Weile bis ein Bus kam, der mich nach Goslar zum dortigen Bahnhof brachte. Immerhin konnte ich meine vorab geplante Zugverbindung ohne Probleme wahrnehmen.


Sonneuntergang am Harz
Ein Wandertag geht zu Ende

Aus dem Zugfenster sehe ich einen wunderschönen Sonnenuntergang. Damit schließe ich diese Wanderung und damit auch meine Wanderung ab.

Man sollte ja aufhören, wenn es am schönsten ist. Das ist hiermit geschehen.

Punkt.

Mein Fazit

Eine schöne Wanderung, die hauptsächlich auf Waldwegen erfolgt. Die Stempelstellen sind interessante Zielpunkte und auch darüber hinaus findet man viele schöne Aussichtspunkte vor, die einem zum Verweilen einladen.  Auch die „Erlebnisinseln“ am Anfang des Aufstieges werten die Wanderung auf.

Mit Ausnahme der Stempelstelle Braunseck war die Beschilderung und Hinweise zu den einzelnen Stempelstellen gut bis sehr gut.


Steckbrief: 8. HWN-Tour – Von Osterode nach Clausthal-Zellerfeld

Karte

 Wegbeschaffenheit

Am Anfang ist der Harzer-Hexen-Stieg asphaltiert, dann folgen befestigte Waldwege

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Bahn

Regionalbahn fährt von Braunschweig über Seesen direkt nach Osterode am Harz Mitte oder Osterode am Harz

Fernbus

von z.B. Hamburg, Hannover, Hildesheim, Jena, Coburg und sogar München fahren Busse direkt nach Osterode

Einkehrmöglichkeiten

Zwischen Ausgangs- und Endpunkt gibt es keine Einkehrmöglichkeiten

Aufgesuchte Stempelstellen

Nr. 140 – Eselsplatz

Nr. 137 – Bärenbrucher Teich

Nr. 138 – Braunseck


Quellen und lesenswerte Links

Hier findest du einiges an zusätzlichen Informationen bezüglich der 8. HWN-Tour:

Alle Links wurde am 26.10.2021 abgerufen


Warst du schon einmal auf dem Harzer Hexenstieg? Wo warst du da unterwegs?

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2 Kommentare
  1. Ede sagt

    Hi Zoe,
    Deine Tour ist sehr schön und ausführlich beschrieben. 50 Touren zusammengefasst und an ein Lektorat geschickt, ergibt bestimmt einen schönen Wanderführer… Mach weiter so, dass Du Spass hast, kann man schön herauslesen

    1. Zoe sagt

      Lieber Ede, vielen Dank für das Feedback. Es ist schön zu erfahren, wie eigentlich meine Texte auf andere wirken.

      An einem Wanderführer habe ich noch nicht gedacht, aber wer weiß. Wenn ich den Wanderkaiser in der Tasche habe, kann ich es mir nochmal überlegen.

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