Ein Sommer in Rot: Der Klatschmohn
„Am Abend streichelt eine laue Sommerpriese über die wilde Blumenwiese.
Mohn- und Kornblumen wiegen hin und her, wie die Wellen über das Meer.”
(Aus: Blumenwiese)
© Karin Schönfisch (*1966), Projektleiterin
Früher waren ganze Getreidefelder von „roten Flecken“ bedeckt. Heutzutage ist es fast schon eine Seltenheit, den Sommerankünder mit seinen leuchtend roten Blütenblätter zu finden. Hiermit stelle ich die Blume des Jahres 2017 vor: der Klatschmohn.
Namensherkunft
Die wissenschaftliche Bezeichnung des Klatschmohns ist „Papaver rhoeas„. Das Wort „Papaver“ geht auf das lateinische „pappare“ für „essen“ zurück, wobei das römische Kinderwort für Brei „pappas“ lautete. Im alten Rom war es üblich Kindern mit Mohnsaft beigemischten Brei zu geben, damit diese besser einschliefen. Wobei hier wohl eher der Saft des Schlafmohns (Papaver somniferum) als des Klatschmohns genommen wurde.
Der wissenschaftliche Artname „rhoeas“ stammt vom griechischem Wort „rhoia“, das „fließen“ bedeutet und deutet auf dem austretenden Milchsaft, den man bei geritzten Mohn-Kapseln beobachten kann.
Die deutsche Artbezeichnung „Klatschmohn“ geht wahrscheinlich darauf zurück, dass die leuchtend roten Blütenblätter bei Wind aneinander klatschen.
Eine andere Möglichkeit seiner deutschen Namensherkunft basiert auf ein Kinderspiel: Man legt Daumen und Zeigefinger einer Hand so zusammen, dass sich die Fingerspitzen berühren und dabei einen Kreis bilden. Das Loch bedeckt man dann mit einem Klatschmohnblütenblatt und mit der Handfläche der freien Hand schlägt man darauf. Wenn man es perfekt macht, ergibt es einen leichten Knall bzw. Klatsch – und fertig ist der Name der Pflanze!
Weitere Synonyme für den Klatschmohn sind: Klatschrose, Mohnblume, Feldmohn, Klappermohn, Flattermohn, Klapprose, Große Klatschrose, Kornrose, Kornschnalle, Blutblume, Feuer-Mohn, Feuerblume, Feldrose … – die Liste lässt sich endlos weiterführen.
Systematik und verwandte Arten
Weltweit gibt es etwa 120 Mohn-Arten und dazu kommen noch unzählige Zuchtformen. Der Klatschmohn gehört unter den Mohn-Gewächsen wohl zu der bekanntesten und auch auffälligsten Art. Er gehört zur Gattung Mohn (Papaver) und wird zu der Familie der Mohngewächse (Papaveraceae) gezählt.
Diese Familie hat insgesamt 260 Arten, wobei der Mohn nur eine von den 26 Gattungen innerhalb dieser Familie ist. Andere bekannte Mohngewächse sind das Tränendes Herz (Lamprocapnos spectabilis) – Giftpflanze des Jahres 2017 – und der Kalifornische Mohn (Eschscholzia californica) – Giftpflanze des Jahres 2016 – und offizielle Wappenblume des US-Bundestsaates Kalifornien.
Eigenschaften und Aufbau der Gattung „Papaver“
Trotz der großen Anzahl der Gattung Papaver, zeigen alle Mohn-Arten 3 Merkmale, die typisch für ihre Gattung sind:
- alle grünen Pflanzenteile und junge Wurzeln sind mit Milchsaftröhren durchzogen, in denen der „Milchsaft“ produziert wird
- die Frucht ist eine Kapsel mit vielen kleinen Samen
- die Blüte besteht aus 4 großen Blütenblättern (Kronblätter)
Die Eigenschaften des Klatschmohn
Neben den bereits 3 genannten Merkmalen, ist das auffälligste beim Klatschmohn seine leuchtend rot gefärbten Blütenblätter, auch Kronblätter genannt. Dank der wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe (Anthocyanine) erhalten die Blüten ihre intensive rote Farbe.
Im nordafrikanischen Raum stellt man sogar noch traditionell aus dieser Pflanzenfarbe Schminke her. Es wird daher auch vermutet, das der Klatschmohn seinen Ursprung im Nordafrikanischen oder Eurasischen Raum hat.
Heutzutage ist der Klatschmohn eine eurasische Mohn-Art mit Vorkommen in ganz Europa, im Westen von Asien und im Mittelmeerraum.
Jetzt ist Sommer!
Die Hauptblütezeit vom Klatschmohn ist im Frühjahr, in den Monaten Mai und Juni. Fängt der Klatschmohn folglich an zu blühen, hat endgültig die helle und warme Zeit des Jahres begonnen. Zudem ist der Klatschmohn nach dem phänologischen Kalender der Anzeiger für den Frühsommer!
Die Blütezeit jeder einzelnen Blüte des Klatschmohns ist aber recht kurz und schon nach 1 bis 2 Tagen fallen die Blütenblätter bereits ab. Daher kann man seine eiförmigen Fruchtkapseln schon während der Blütezeit erkennen.
Der Klatschmohn kann eine Wuchshöhe bis 90 cm erreichen. Das ist recht erstaunlich, da sein behaarter Stängel nur wenig verzweigt und recht dünn ist. Zudem muß er eine relative große Blüte tragen. Wie auch sein Stängel, sind seine Blätter ebenfalls behaart und haben eine gefiederte Blattform.
Die kulturelle Bedeutung
Seit der Mensch anfing vor 3000 – 4500 Jahren Ackerbau zu betreiben, gibt es auch den Klatschmohn als Ackerwildpflanze. Aufgrund der Verbreitung des Ackerbaus, konnte sich auch der Klatschmohn über die ganze Welt verbreiten.
Infolge dieser Ausbreitungsstrategie wird der Klatschmohn zu den hemerochoren Pflanzen gezählt. Also zu den Pflanzen, die durch die Kultur anderer Pflanzen verbreitet werden. Mit Mohnsamen verunreinigtes Getreidesaatgut ist dabei der typische Verbreitungsweg.
Teilweise wurde aber auch der Mohn bewußt beim Getreide angebaut, da man seine Samen als Gewürz für Brot und Kuchen verwendete. Auch das aus den Samen gewonnene Öl schätze man sehr – nicht als Speiseöl – sondern als Mittel zur Herstellung von Ölfarben, Seifen und Salben.
Klatschmohn und Religion
Auch in der Religion hat der Klatschmohn verschiedene Bedeutungen. In der christlichen Bildsprache steht der Klatschmohn zusammen mit reifen Getreideähren für das Blut und den Leib Jesu Christi.
In der griechischen Mythologie war Mohn der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter geweiht und Brautpaare wurden daher mit Mohnblüten überschüttet.
Klatschmohn und Symbolik
Der Klatschmohn hat sich im Verlaufe der Geschichte zu einem (nicht nur religiösen) Symbol der Liebe und des Gedenkens entwickelt.
In Persien galt die Blume mit ihren roten Blütenblätter als Symbol der Liebe, während die dunkel gefärbte Mitte den Schmerz, den die Liebe mitführen kann, darstellte.
Das Gedicht „In Flanders Fields“ (deutsch: Auf Flanderns Feldern) des kanadischen Lieutnant Colonel McCrae beschreibt, wie rot blühender Klatschmohn auf den Gräbern gefallener Soldaten blüht. Der Mohn symbolisiert hierbei das sowohl geflossene Blut als auch die Hoffnung, dass das Leben weitergeht.
Aufgrund der großen Popularität des Gedichtes, entwickelte sich die Mohnblume im englischsprachigen Raum zu einem Symbol für die die zahl- und namenlosen Opfer und insbesondere an die in den beiden Weltkriegen gefallenen Soldaten. Die Mohnblume wird daher auch als „Remembrance Poppy“ (deutsch: „Erinnerungs-Mohnblume“) bezeichnet.
In der Heraldik (Wappenkunde) findet man den Mohn als beliebtes Motiv vor. Hierbei wird entweder die Mohnkapsel, die Mohnblume als Ganzes oder sogar nur ein Mohnblatt für das Wappen verwendet. Es gibt hierbei unzählige Beispiele für die Verwendung der Mohnblume in einem Wappen.
Zuletzt bin ich selbst auch einer Darstellung von Mohn an einer Kirche im österreichischen Villach begegnet. Leider ist mir die Bedeutung und Vorgeschichte des Motives unbekannt.
Wo kann man Klatschmohn finden?
Zwar ist der Klatschmohn nicht mehr so häufig wie vor wenigen Jahrzehnten anzutreffen, dennoch ist er noch nicht selten geworden. Klatschmohn wächst am liebsten auf warmen und kalkreichen Lehmböden.
Neben Ackerrändern kann man ihn auch vereinzelt an Straßenböschungen, auf Schuttplätzen, in Getreidefeldern, am Wegesrand, an Bahnhöfen oder ehemaligen Ödflächen als Begrünungspflanze entdecken.
Vorsicht giftig!
Der Klatschmohn ist zwar schön anzusehen, dennoch ist Vorsicht geboten, denn alle Pflanzenteile sind giftig!
Der Klatschmohn produziert ein leicht giftiges Sekret, das wegen seiner weißen Farbe auch als „Milchsaft“ (botanisch: „Chylus“) bezeichnet wird. Beim Abbrechen eines Klatschmohnstängels oder beim Einritzen mit dem Fingernagel in eine unreife Samenkapsel, tritt das weiße klebrige Pflanzensekret aus.
In diesem Pflanzensekret ist ein geringer Alkaloidgehalt enthalten. Alkaloide sind Pflanzeninhaltstoffe, die zur Abwehr gegen Krankheiten, Schädlingen oder Freßfeinden dient. Bei den rosafarbenen Verwandten, dem Schlafmohn (Papaver somniferum), ist der Alkaloidgehalt wesentlich höher. Aus dessen Milchsaft wird Opium und damit der Rohstoff für die Herstellung von Heroin gewonnen.
Mohn als Nahrungsmittel
Der rot leuchtende Klatschmohn ist nicht eßbar – warum gibt es aber dann Mohnsamen im Handel zu kaufen? Die in Lebensmitteln verwendeten Mohnsamen stammen vom Schlafmohn (Papaver somniferum).
Der Anbau von Mohn unterliegt strenger staatlicher Kontrollen, daher kann man ohne Bedenken den in Geschäften vertriebenen „Backmohn“ kaufen und für Kuchen, Brötchen o.ä. verwenden. Der Alkaloidgehalt im Backmohn ist sehr gering und daher müsste schon eine ordentliche Menge an Mohnsamen essen, bis man überhaupt eine Wirkung spürt.
Wer sicher gehen möchte, das sein Mohn so wenig morphinbelastet ist wie möglich, habe ich noch folgende Tipps:
Reinige Mohnsamen einfach mit Wasser, dadurch wird auch ein Teil des Morphins in den Samen regelrecht „weggewaschen“. Auch jede Form von Verarbeitung der Mohnsamen, sei es mahlen, dämpfen, trocknen oder backen verringert die Morphinbelastung.
Die Blume des Jahres 2017
Die Loki Schmidt Stiftung wählte den Klatschmohn mit seiner auffälligen leuchtroten Blütenblätterfarbe aus, um auf den Gefährdung und allgemein auf den Verlust von Ackerwildpflanzen aufmerksam zu machen. Die Gründe dafür liegen an der chemischen Unkrautbekämpfung (Herbizide). Zudem ist das Saatgut heutzutage besser gereinigt und es fallen kaum Mohnsamen an.
Daher sollte man nicht nur wegen den schönen Farbtupfer auf dem Acker den Mohn und andere Wildackerpflanzen bewahren, sondern auch weil sie zur Vielfältigkeit der Natur beiträgt.
Was kann ich für den Klatschmohn tun?
Du hast einen Garten? Prima -hier gibt es ein paar Tipps, wenn du Klatschmohn in deinem Garten pflanzen möchtest:
- Der Erdboden muss offen sein, bei einer geschlossenen Pflanzendecke kann sich der Mohn-Samen nicht entwickeln
- Die Mohn-Saat muß flach ausgesät und leicht angedrückt sein
- März ist Saatzeit
- Klatschmohn mag sonnige Standorte
- Nachdüngen ist nicht notwendig, auch mit trockenen Phasen kommt der Klatschmohn gut zurecht
- Klatschmohn mag es gesellig, daher ist eine Pflanzengellschaft mit Ringel-, Saat-Wucher- oder Kornblume kein Problem – im Gegenteil, sogar sehr erwünscht
- Mohn ist als Schnittblume nicht geeignet, da er innerhalb von 1 – 2 verlüht
- Keine Samen da? Eine Samenmischung verschiedener Ackerwildblumen (inkl. Klatschmohn) kann bei der Loki Schmidt Stiftung bestellt werden
- Der Klatschmohn blüht in deinem Garten? Erfreue dich und genieß den Anblick!
Wer keinen Garten hat, aber dennoch etwas für den Klatschmohn tun möchte, gibt es hier folgende Tipps:
- stelle Seed-Bombs (aus Erde geformte Kugeln, die Pflanzensamen enthalten) mit Klatschmohn- und anderen Wildblumensamen her und verteile sie einfach uf die Erde, die begrünt werden soll
- unterstütze lokale Naturschutzvereine bei der Pflege oder Anlegen von Wildblumenwiesen
- lege selbst eine Wildblumenwiese an oder halte Wildblumen auf dem Balkon – Bienen, Hummeln und Co. werden es dir danken
Der Salzstreuer und ein paar weitere Fun Facts
Was hat der Klatschmohn und ein Salzstreuer gemeinsam?
So könnte eine typische Scherzfrage lauten, aber einer der ersten Bioniker aus dem 20. Jahrhundert, Raoul Heinrich Francé hat 1919 einen Gebrauchsstreuer beim Patentamt angemeldet, der die Form einer Mohn-Samenkapsel hatte.
- der Klatschmohn ist die Nationalblume von der Republik Polen.
- Es gibt keinen reinen Mohn-Honig, denn Mohn produziert nur Pollen, aber keinen Nektar.
- Mohndorf Armschlag ist eine Ortschaft in Niederösterreich, wo sich alles um das Thema „Mohn“ dreht. Es wurde sogar ein 1 km Mohn-Lehrpfad angelegt, der über die Geschichte, Produktion und Kochkunst des Mohn erzählt.
- Als „Poppy day“ („Mohnblumen-Tag“) wird der Volkstrauertag in Großbritannien bezeichnet. Er wird immer am 11. November gefeiert.
- Auf dem südamerikanischen Kontinent gibt es keine ursprüngliche Mohn-Arten.
- in Deutschland hält man blaufarbige Mohnsamen am besten, in Türkei ist es der gelbsamige Mohn und in Östereich den grausamigen Mohn.
- in deutschen Gefängnissen ist der Verzehr von Mohn untersagt – nicht weil man bei opiumsüchtigen Insassen einen Rückfall befürchtet – sondern weil bei Urinproben nicht nachweisbar ist, ob der Alkaloid-Gehalt durch Rauchgift oder durch Mohnbrötchen verursacht wird.
- Nur zwei Schlafmohn-Varietäten sind in Deutschland für den Anbau von Mohnsamen zugelassen.
Quellen und lesenswerte Links
- Webseite mit dem Gedicht und Hintergrundinformationen über „In Flanders Fields“ (auf Englisch)
- Alles über das österreichische Mohndorf Armschlag
- Loki Schmidt Stiftung: Artikel über Blume des Jahres 2017
Neben den Links kann ich dir auch noch ein Buch empfehlen, das sich nur mit dem Mohn beschäftigt. Ich hatte das Glück, das die Bibliothek meines Vertrauens es führte:
- Mohn: Sorten, Anbau, Rezepte (Ulmer Taschenbücher) – ISBN-Nr.: 3-8001-3112-9
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Hallo liebe Zoe,
es ist März und nächste Woche säe ich eine Wildblumenwiese an, mit Mohn- und Kornblumen, Margaritten und…
Vielen lieben Dank.
Sonnige Grüße
Karin Schönfisch Lipski
„Ich liebe Mohn-und Kornblumen“ und Margaritten ~ diese kommen in den Film „Email für Dich“ vor, auch ein Lieblingsfilm von mir, auch wenn es Tulpen gewesen wären:-)
Hallo Karin,
habe ich dich etwa zitiert? Das ist ja toll 😀
Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich wünsche dir viel Spaß mit deiner Wildblumenwiese. Ich denke, Insekten werde sich auch daran erfreuen können.
Dir wünsche ich einen schönen Tag
Liebe Grüße – Zoe