Hallo da draußen

Innen schwarz, außen weiß: Schwarzer Kreide-Feuerstein

„There’s plenty of fire in the coldest flint!“

(aus „All this and Heaven too”)

© Rachel Lyman Field (1894 – 1942), amerikanische Schriftstellerin

Was ist Schwarzer Kreide-Feuerstein?

Kein Gestein ist bekannter und in so vielfältiger Form am Ostseestrand zu finden wie der Feuerstein. Als Feuerstein bezeichnet man im Allgemeinen ein Kieselgestein, das hauptsächlich aus Siliziumdioxid (SiO2) besteht. Das Siliziumdioxid besteht hierbei in mikrokristallinen Quarz, das in einem marinen feinkörnigen Kalkgestein diagenetisch entstanden ist. Kurz gesagt: ein Feuerstein ist ein Sedimentgestein, das unter marinen Bedingungen entstanden ist.

Im engeren Sinne werden jedoch Gesteine als Feuerstein bezeichnet, die zu den Ablagerungen des untersten Tertiär (Danium) und der Oberkreide zählen. Ältere „Feuersteine” wie z. B. aus dem  Jura, Keuper, Muschelkalk und Zechstein werden als „Hornsteine” bezeichnet.

Der Schwarze Kreide-Feuerstein wird folglich zu den echten Feuersteinen gezählt, da seine Entstehung in der Zeit der Oberkreide zugeordnet wird.

Namensherkunft

Der Name Feuerstein beruht auf den Fakt, das es tatsächlich möglich ist, mit dem Gestein ein Feuer zu entfachen.

Der deutsche Chemiker Martin Heinrich Klaproth (1743 – 1817) nannte aufgrund dieser besonderen Eigenschaft den Feuerstein in seinem Werk „Chemisches Wörterbuch – Zweiter Band (1807)” den Feuerstein auch „Lapis Pyromachus”, was etwa „der feuermachende Stein” bedeutet.

Synonyme

Feuerstein wird im weitesten Sinne auch als Flint oder Silex bezeichnet. Der Name „Silex” wird hauptsächlich im französischen und spanischen Sprachraum verwendet, während die Bezeichnung „Flint” im Englischen üblich ist. Flint wird aber auch im deutschen Sprachraum gleichwertig zu dem Begriff Feuerstein benutzt.

Der Schwarze Kreide-Feuerstein ist auch als Senonflint bekannt. Das Senon (auch Senonium) ist die veraltete Bezeichnung für die oberste Zeitstufe der Oberkreide, was etwa den heutigen Zeitstufen Santon, Campan und Maastricht entspricht.

Entstehung

Die Entstehung des Feuersteins ist nicht noch nicht endgültig erklärt, jedoch ist die Wissenschaft sich derzeitig darüber einig, dass es sich beim Feuerstein um ein diagenetisches Produkt handelt. Der Feuerstein ist folglich durch Ausfällungsprozesse von Kieselsäure in einem marinen kalkigen Sediment entstanden.

Funde von fossilen Kieselschwämmen und Kieselalgen in Feuersteinen weisen auf einen organischen Ursprung hin. Primär besteht der Feuerstein aus faserigen Chalzedon. Durch Kompaktions- und Umwandlungsprozesse erfolgt eine Dehydrierung der Kieselsäure, die von innen nach außen abläuft – daher weisen Feuersteinknollen oft eine zwiebelartige Struktur auf. Dieser Prozess erfolgt über die Zwischenstufen Opal-A (nicht kristallines, gelartiges amorphes Mineral) und Opal CT (Wechsellagerungen von mehr oder weniger unregelmäßig gestapelten Schichten aus den Mineralien Cristobalit und Tridymit). Die Zwischenstufe Opal CT ist als helle, poröse Außenschicht auf den Feuersteinknollen erkennbar. Der ganze Entstehungsprozess des Feuersteins dauert Millionen Jahre.

Entstehungszeitraum

Dank vieler Fossilienfunde im Schwarzen Kreidefeuerstein kann man den zeitlichen Rahmen der Entstehung des Gesteins gut einordnen. Der Entstehungszeitraum lag in der Kreide (vor 145 – 66 Millionen Jahre), genauer gesagt in der jüngsten Stufe Maastricht (vor 77 Millionen Jahre bis 66 Millionen Jahre) der Oberkreide.



Fundorte

Nahezu überall an der Ostseeküste und auch im Binnenland kann der Schwarze Kreidefeuer-Feuerstein als Geschiebe gefunden werden. In beachtlicher großer Menge kann man sie als Feuersteinfelder auf der Insel Rügen vorfinden.


Blick auf Kreidefelsen auf Rügen. Die schwarzen Feuersteinlagen sind gut als dunkel horizontale Linien zu erkennen.

Als anstehendes Gestein kann man den Schwarzen Kreide-Feuerstein an den Steilküsten im südlichen Ostseeraum beobachten. Hierbei sind sie als schwarzen Bänder, die sich innerhalb der Kreidefelsen abzeichnen, gut zu erkennen.

Zu den bekannten Steilküsten zählen die Kreidefelsen auf Rügen und in Dänemark die Kreideklippen von Stevns Klint und Møns Klint. Weitere bekannte Fundorte befinden sich in Nord-Jütland und Süd-West-Schweden.

Die Feuersteinlinie

Feuersteine zählen aufgrund ihrer großen Verbreitung und ihrer hohen Beständigkeit gegenüber Verwitterung als Anzeiger der maximalen südliche Ausdehnung der eiszeitlichen Gletscher. Diese Ausdehnung wird mit einer Grenzlinie markiert, die auch als „Feuersteinlinie“ bekannt ist.

Die Feuersteinlinie markiert hierbei den Verlauf der letzten drei Eiszeiten. In Nordwestdeutschland markiert sie die südliche Grenze der Vergletscherung der Saale-Eiszeit, während in Mitteldeutschland sie die südliche Grenze der Elster-Eiszeit anzeigt. Die Weichsel-Eiszeit hatte nicht so einen weiten Gletschervorstoß gehabt wie die beiden vorherigen Eiszeiten und daher ist sie kein Teil der Feuersteinlinie.


Schematische Darstellung der jeweils maximalen Gletschervorstöße der drei letzten Eiszeiten im norddeutschen Tiefland: rote Linie = Eisrandlage der Weichsel-Kaltzeit; gelbe Linie = Eisrandlage der Saale-Kaltzeit: blaue Linie = Eisrandlage der Elster-Kaltzeit; Quelle: Gemeinfrei,  https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1133881

Der Verlauf der Feuersteinlinie beginnt an der Nordsee nördlich des Teutoburger Waldes und führt am Harz entlang. Hierbei folgt sie von West nach Ost, den Städten am Harz entlang wie z.B. Wernigerode, Blankenburg, Friedrichsbrunn, Stolberg, Uftrungen, Nordhausen.

In Thüringen sind es die Städte Sondershausen, Mühlhausen, Bad Langensalza, Gotha, Erfurt, Weimar, Jena, Lobeda, Stadtroda und Weida, an der die Feuersteinlinie entlang verläuft. In Sachsen erstreckt sie sich bei Zwickau, Chemnitz, Hainichen, Roßwein, Siebenlehn, Freital, Weesenstein, Bad Schandau und schließlich bis zur Gemeinde Oybin, die an de Grenze zu Tschechien liegt.


Gedenkstein in Wernigerode

Auf Initiative des Geologen Otfried Wagenbreth (1927 – 2017) wurde in den 1970er Jahren dreizehn Gedenksteine aus Lausitzer Granit errichtet, auf denen jeweils auf einer Metalltafel der Umriss der DDR mit einschließlich der Feuersteinlinie abgebildet wurde.

Eigenschaften

  • Mohs’sche Härteskala

Nach der Mohs’schen Härteskala hat Feuerstein eine Härte von 6,5 bis 7 und ist damit fast genauso hart wie Quarz.

  • Farbe

Der Feuersteinkern ist meist schwarz, kann aber auch dunkel- bis hellgraue Bereiche zeigen.

Dank des Eistransports durch die eiszeitlichen Gletscher zeigt Feuerstein-Geschiebe einen „Cortex”, eine bis zu 3 Millimeter dicke Rinde. Diese besteht aus Opal-CT und ist relativ glatt. Meist ist diese Rinde porös, da sie durch durch Wasserverlust bzw. durch die Umwandlung von Opal zu Chalcedon entstanden ist.

  • Form

Da Feuerstein aus einem amorphen Kieselgel entstanden ist, ist seine Formgebung sehr variabel. Von plattig bis klobig sind alle Formen denkbar. Hierbei kann der Feuerstein auch Formen annehmen, die Fossilien recht ähnlich aussehen.

Als Hühnergötter werden Feuersteinknollen mit einem natürlich entstandenen Loch bezeichnet. Diese werden gerne am Strand gesucht und gesammelt. Diese werden aber auch als Schmuck und Talisman zum Verkauf angeboten.

Ebenfalls großer Beliebtheit bei Sammlern erfreuen sich die „Paramoudras”,  die im norddeutschen Raum auch als „Sassnitzer Blumentopf” bekannt sind. Diese großen Feuersteingebilde mit mehreren Dezimeter Durchmessern und können bis zu über 200 Kilogramm wiegen. Ihr Spitzname beruht auf ihre Verwendung in Sassnitz auf der Insel Rügen, wo man sie noch vereinzelt als Blumentöpfe antreffen kann.

  • Bruch

Bei mechanischer Beanspruchung kann die Bruchstelle einer Muschelklappe sehr ähnlich aussehen, daher bezeichnet man diese Art von Bruch auch als muscheligen Bruch.

Bei grauen Varianten des Kreide-Feuersteins ist die Oberfläche eines frischen Bruchs eher rauer als bei der schwarzen Variante.

Verwendung

Bereits früh in der Menschheitsgeschichte wurde Feuerstein zur Herstellung von Waffen und Werkzeugen verwendet. Aber auch für die Erzeugung von Funken war der Feuerstein ein bedeutendes Gestein.

Als Rohstoff spielt Feuerstein heutzutage eine eher untergeordnete Rolle. Ein beeindruckendes Beispiel jedoch als Baustoff zeigt sich bei der Saint Mary’s Church in der Kleinstadt Hadleigh in der Grafschaft Suffolk im Osten Englands. Sie wurde mit Ausnahme der Fenster- und Portallaibungen sowie der Innenraumgestaltung fast nur aus unbehauenen Feuersteinknollen erbaut, die von der Küste herbeigeschafft wurden.


Saint Mary’s Church, Quelle: Oxymoron, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=14107744

Wissenschaftliche Bedeutung

  • Geologie

Dank zahlreicher Fossilienfunde spielt der Schwarze Kreide-Feuerstein eine wichtige Rolle in der Geschiebekunde. Doch nicht nur die große Anzahl, auch die Vielfalt an Fossilien im Feuerstein ist überragend.

Belemniten (im Volksmund als „Donnerkeile” bezeichnet) und Seeigel zählen zu den häufigsten Funden. Doch auch Schwämme, Korallen, Muscheln, Schnecken, Kopffüßer, Moostierchen, Brachiopoden, Spurenfossilien, aber auch – wenn auch seltener – zählen auch Funde von Schlangensterne und Seesterne. Und es wurde sogar Wirbeltierreste bereits gefunden.

Zudem ist es noch nicht eindeutig geklärt, wie der Schwarze Feuerstein in der Schreibekreide entstanden ist.

  • Archäologie

Doch nicht nur in der Paläontologie, sondern auch in der Archäologie hat der Feuerstein Bedeutung. Funde aus der Vor- und Frühgeschichte zeugen davon, dass man den Feuerstein früh als Werkzeug und Waffe nutzte. Und auch die Nutzung des Gesteins zum Feuer entzünden ist seit der Steinzeit belegt.


Steinzeitliches Feuerwerkzeug: Beutel mit Feuerstein, Pyritknolle und ein Stück getrockneter Zunderschwamm

Bedeutende archäologische Funde aus dem Schwarzen Kreide-Feuerstein sind die sogenannten „Fischschwanzdolche” (dänisch fiskehaledolk). Diese Steingeräte aus der Jungsteinzeit sind vor allem in Dänemarks und Skandinavien gefunden worden. Der Name geht auf die Form des Griffstücks zurück, die einem Fischschwanz ähnelt.

Andere Feuersteinarten

Nicht jeder Feuerstein, den man an der Ostseeküste findet, zählt automatisch zu den Schwarzen Kreide-Feuersteinen.

  • Helgoländer Feuerstein

Diese Feuerstein-Art gehört nicht zu den Schwarzen Kreide-Feuersteinen, da sie eine eigene regionalspezifische Entstehungsgeschichte aufweist. Auffallen ist hierbei der rote Kern des Gesteins, dessen Ursprung bisher noch nicht eindeutig geklärt werden konnte. Mehr zum Helgoländer Feuerstein kannst du hier lesen: Helgoländer Feuerstein.

  • Hanaskog-Flint (auch Gefleckter Feuerstein oder Weißfleckiger Feuerstein)

Dieser Feuerstein stammt aus dem schwedischen Kristianstad-Becken. Charakteristisch sind die kleinen weißen Punkte – Opalreste – die sich im schwarzen Feuerstein befinden.

Sedimentäres Geschiebe des Jahres

Aufgrund seiner Bedeutung in der Geschiebekunde – aber auch in direkten Bezug auf den Boden des Jahres 2025: Rendzina (Boden, der sich aus Kalk, Dolomit oder Gipsgestein entwickelt hat) – wurde der Schwarze Kreide-Feuerstein zum Sedimentären Geschiebe des Jahres 2025 gewählt.


Steckbrief

Name: Schwarzer Kreide-Feuerstein
Andere Namen: Flint, Silax
Chemische Formel: SiO²
Chemische Elemente: Organisches Silizium, Sauerstoff
Farbe: Schwarz, Grau (in verschiedenen Farbvarianten), manchmal ist die weiße, poröser Rinde („Cortex”) erhalten
Glanz: Matt
Magnetismus: nicht magnetisch
Mohshärte: 6 – 7
Transparenz: undurchsichtig
Verwendung: Sammelobjekt (Hühnergott, Fossilien)


Quellen und Lesenswertes

Die Literatur und Artikel ist zum Thema „Feuerstein” ist recht umfangreich, daher nur eine kleine Auswahl, was das Internet zu bieten hat:

Die Links wurden zuletzt am 27.02.25 aufgerufen


Welche Feuersteine kennst du? Wo hast du sie gefunden?

Sind darin Fossilien zu erkennen? 

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