Hallo da draußen

Der phänologische Kalender: der Vollherbst

„Herbst: Anderswo ist Frühling.”
© Walter Ludin (*1945), Schweizer Journalist, Redakteur, Aphoristiker und Buchautor, Mitglied des franziskanischen Ordens der Kapuziner

Jetzt wird es bunt!

Überall beginnt an den Bäumen die Blattverfärbung und die ersten Kastanien fallen zu Boden. Die letzten Äpfel und späte Kartoffelsorten werden geerntet. Die Tage werden jetzt kürzer und kälter. Klarer Fall: Der Herbst ist da!

Wie bereits im Blogartikel „Phänologischer Kalender” beschrieben, gibt es in der Phänologie keine vier, sondern zehn Jahreszeiten, die nach den periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen von Pflanzen unterschieden werden.

Hier stelle ich nun im Detail die achte Jahreszeit vor: der Vollherbst.

Typisch Vollherbst!

Der meteorologische Herbst auf der Nordhalbkugel beginnt am 1. September und endet am 30. November. Der astronomische Herbst dagegen beginnt hier erst am 22. oder 23. September und endet am 20. oder 21. Dezember.

Aus den verschiedenen Grüntönen der Blätter scheinen jetzt Gelb-, Braun- und Rottöne hindurch. Neben der Blattverfärbung bei Laubbäumen kann man auch an der Lärche – als einziger einheimischer Nadelbaum – eine Nadelverfärbung erkennen. (Näheres zum Blattfarben-Phänomen hier klicken)

Neben der Laubfärbung der Bäume verwandeln sich aber auch viele Gärten in ein Blumenmeer. Hier blühen die Astern als häufigste Blume in den unterschiedlichsten Farben.

Auch das Wetter ändert sich spürbar. Temperatur und Luftdruckunterschiede zwischen den warmen subtropischen und kalten polaren Breiten verschärfen sich in der kälter werdenden Jahreszeit. Herbststürme sind jetzt keine Seltenheit.  Zwar mag tagsüber die Sonne scheinen und damit einen Hauch vom letzten Sommer vermitteln, doch am Abend wird es empfindlich kühl und die Temperaturen sinken deutlich, nicht selten im den einstelligen Bereich. In manchen Nächten friert es sogar. Morgens ist nach den kühlen Nächten alles kalt und nass vom Tau.

Zeigerpflanzen des Vollherbstes + Beobachtungstipps

Es wird kälter und man könnte meinen, die Natur bereitet sich auf den Winter vor, doch auch jetzt kann der Mensch von der späten Reife einiger Früchte noch profitieren. Jetzt im Herbst kann im Vollherbst noch ein Hauch Sommer in der Luft hängen (sog. „Goldener Oktober”). Auch das Ernten einiger Früchte ist noch möglich.

In der Phänologie werden drei Herbstjahreszeiten unterschieden: Frühherbst, Vollherbst, Spätherbst. Mit Hilfe sogenannter “Zeigerpflanzen” wird die jeweilige Jahreszeit bestimmt.

Ich stelle dir hier typische Zeigerpflanzen des Vollherbstes vor, die man in der Bundesrepublik Deutschland finden kann.


Stieleiche (Quercus robur)

Die Fruchtreife der Eicheln der Stieleiche markiert den Anfang des Vollherbstes. In Deutschland gehört die Stieleiche zu den bekanntesten Eichen-Arten. Daneben gibt es noch die Traubeneiche (Quercus petraea), Flaumeiche (Quercus pubescens), Sumpfeiche (Quercus palustris) und die Zerreiche (Quercus cerris).

Eine Stieleiche kann man gut von den anderen Eichen-Arten anhand ihres Blattes unterscheiden. Das Blatt hat die Form einer Raute und ist deutlich gelappt. Die Einbuchtungen dabei sind recht tief und die Blattadern auf der Unterseite zeigen zu den Einbuchtungen. Der Blattstiel ist sehr kurz.

Beobachtungstipps // Stieleiche

  • Man sollte jetzt im Vollherbst nicht unbedingt unter Eichen stehen. Bei jedem Windhauch könnten viele Eicheln auf einmal runterfallen und eine Eichel am Kopf abbekommen kann sehr sehr weh tun (Ich spreche aus eigener Erfahrung!)
  • Eicheln kann man essen – aber bitte nicht roh! Hier ein interessanter Artikel, wie man Eicheln verwerten kann: Kann man Eicheln essen? Was du wissen solltest
  • Die ältesten Eichen Deutschlands stehen in Mecklenburg-Vorpommern. Sehr imposante Bäume, die man jetzt in der „bunten Jahreszeit“ besuchen sollte. Hier ein Artikel über meinen Besuch der Ivenacker Eichen.

Gewöhnliche Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)

Steht die Fruchtreife der Rosskastanie an, dann haben wir Vollherbst. Die vom Baum gefallenen Früchte mit ihrer charakteristischen glatten mahagonifarbenen Schale sollte man sammeln, denn sie eignen sich wunderbar als umweltfreundliche Alternative zu den konventionellen chemischen Waschmitteln (Hier das Rezept zum Kastanien-Waschmittel).

Die Rosskastanie sollte man nicht mit der essbaren Edelkastanie (Castanea sativa) verwechseln. Der Name stiftet hier ein wenig Verwirrung, denn trotz des Namens „Kastanie” sind beide Baumarten nicht miteinander verwandt. Die Edelkastanie wird zur Familie der Buchengewächsen (Fagaceae) gezählt, während die Rosskastanie zur Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae) gehört.

Beobachtungstipps // Rosskastanie

  • Kastanienbäume kann man sowohl in Parks, als auch als Solitärbäume auf Plätzen und im Wald finden.
  • Rosskastanien-Blätter lassen sich anhand ihrer gefingerten Form leicht von anderen Bäumen unterscheiden.
  • Wer gerne das Sammeln von Kastanien liebt und dabei noch etwas Gutes tun möchte, sollte die gesammelten Früchte an Wildparks abgeben. Kastanien (und auch andere Früchte wie Eicheln u. ä.) werden gerne von Wildparks angenommen, da diese für die Wildtiere eine willkommene nährstoffreiche Nahrungsquelle sind.

Europäische Lärche (Larix decidua)

Dieser Baum ist der einzige einheimische Nadelbaum, der im Herbst seine Nadeln abwirft. Wenn die Nadeln sich noch vorab goldgelb verfärben, ist das ein Zeichen dafür, dass der Vollherbst da ist.

Ursprünglich im Gebirge zu Hause, findet man die Lärche auch vermehrt im Flachland wieder. Extreme Witterung, wie sie im Hochgebirge herrscht, machen diesen Baum wenig aus. Er wächst bis zu eine Höhenlage von etwa 2.500 m ü. NHN.

Beobachtungstipps // Europäische Lärche

  • Nadelbaum, der im Vollherbst seine Nadel goldgelb verfärbt und anschließend verliert? Klarer Fall – eine Lärche!
  • Lärchenholz ist das schwerste und härteste Nadelholz unter den einheimischen Nadelbäumen

Echte Walnuss (Juglans regia)

Lecker und gesund. Der Nusskern der Walnuss ist reich an Kalium und Zink und Kalium. Dazu enthält sie noch Spurenelemente wie Magnesium, Phosphor, Schwefel, Eisen, Calcium und die Vitamine A, B1, B2, B3, C und Pantothensäure. Ein wahres heimisches „Superfood”.

Jetzt im Vollherbst reifen die Nüsse und man sollte sich mit der Ernte beeilen, denn auch Eichhörnchen und andere Tiere schätzen die Nuss als Nahrungsquelle.

Beobachtungstipps // Echte Walnuss

  • Die Walnuss ist essbar und findet sich als Zutat vor allem bei vielen Süßspeisen (Krokant, Walnuss-Eis, Kuchen u. ä.) wieder
  • Mit Hilfe der Blättern, der grünen Fruchtschale und der Rinde lässt sich ein brauner Farbstoff gewinnen, der „Juglon” bezeichnet wird.

Quellen und lesenswerte Links

Hier erhältst du weitere Informationen und Lesestoff zur phänologischen Jahreszeit „Vollherbst” und den Anzeigerpflanzen:

Die Links wurden zuletzt am 7.11.2022 aufgerufen


Wie erlebst du den Vollherbst? Welche Anzeigerpflanzen hast du entdeckt? 

Hinterlasse hier einen Kommentar oder schreibe mir eine E-Mail.

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Consent Management Platform von Real Cookie Banner