18. HWN-Tour: Wanderung zum „Episodischen See“
„Wir nehmen uns wenig Zeit,
uns an der Schönheit kleiner Dinge zu erfreuen.
Wir brauchen aber viel Zeit, diese zu entdecken.“
© Frank Dommenz (*1961), Malermeister und Illustrator
Nach der langen Wanderung von Sangerhausen bis zur Stempelstelle „Grillenburg“ vom Vortag, lassen wir es heute ruhig angehen.
Heute nur 1 Stempelstelle – dafür aber eine schöne und interessante bitte! Wir nehmen dafür auch dann gerne ein paar Stunden zu Fuß im Kauf.
Ich habe irgendwie Schmerzen am rechten Fuß und B. war nicht so motiviert nochmal so eine lange Tour wie gestern zu machen. Hm, was tun?
Ursprünglich hatten wir geplant, von Sangerhausen bis zur Stempelstelle „Bauerngraben“ zu wandern. Da aber uns die Strecke zu weit erschien, haben wir umgeplant. Wir starten jetzt nicht mehr von Sangerhausen aus, sondern vom kleinen Ort „Berga-Kelbra“, der in der Gemeinde Südharz liegt.
Immer am Gleis entlang
Mit dem Zug geht es zuerst von Sangerhausen nach „Berga-Kelbra“. Nur 15 Minuten dauert die Fahrt und schon sind wir da. Wir folgenen zuerst dem Weg nach Osten, der parallel zu den Gleisen der Bahnstrecke „Halle – Hann. Münden“.
Bald geht der befestige Weg in einem Weg mit losen untergrund über. Einmal müssen wir die Gleise überqueren aber dann scheint es, als hätten wir die Zivilisation hinter uns gelassen. Wir sind jetzt mitten in der „Goldenen Aue“.
Goldene Aue, Helme und Kyffhäuser
Im Norden der Südharz, im Süden der Kyffhäuser und dazwischen wir in der „Goldenen Aue“. Die „Goldene Aue“ ist eine stark landwirtschaftlich geprägtes Gebiet. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir an vielen großen Äcker vorbeikommen. Verantwortlich dafür ist der sehr nährstoffreiche Boden.
Nur ab und zu sehen wir vereinzelte Bäumen auf Wiesen und Äckern stehen. Richtet man seinen Blick nach Südosten kann man den Kyffhäuser mit seinem Barbarossa-Denkmal gut erkennen.
B. und ich fangen an von einer möglichen Tour zum Kyffhäuser-Denkmal zu reden, aber heute geht es erstmal in den Norden. Der Traum von einer Kyffhäuser-Tour bleibt aber im Hinterkopf.
Mit seinen 81 m Höhe ist das Barbarossa-Denkmal das drittgrößte Steindenkmal Deutschlands. Es ist mit seiner imposanten Turm schon vom Weiten gut zu erkennen. Das Denkmal ist ein beliebtes Ausflugsziel. Neben dem Barbarossadenkmal, ist auch im Denkmalgebäude ein Museum vorhanden, das über die Reichsburg und über die Barbarossasage informiert.
Auf unseren Weg nach Roßla orientieren wir an dem Weg, der nahezu parallel zur „Helme“ verläuft“. Die „Helme“ ist ein 81 km langer Fluß, der bei „Stöckey“ im Landkreis Eichsfeld entspringt und in die Untstrut mündet. An einigen Flußabschnitten der Helme ist es sogar möglich, diese mit den Kanu zu befahren.
„Fischeier“ in Roslar
Eine ganze Weile gehen wir nun an der „Helme“ entlang. Erst als wir uns südlich von Roßla befinden, verlassen wir den Weg und biegen in einen Seitenweg ein, der uns zum „Mühlgraben“ führt. Der „Mühlgraben“ ist ein kleinerer Fluss, der nahezu parallel zur „Helme“ verläuft.
Jetzt – nach etwa 1 1/2 Stunden sind wir nun richtig in Roßla angekommen. Hier gehen wir am Bahnhof vorbei in Richtung Norden. Während wir durch diesen Ortsteil gehen, fällt mein Blick auf die Grundmauern einiger Häuser. Das Gestein, aus denen die Grundmauern bestehen, haben wir bereits gestern an einer Stempelstelle kennengelernt. Es ist der „Rogenstein“.
Als „Rogen“ werden im Allgemeinen Fischeier bezeichnet. Die Ähnlichkeit mit Fischeier („Rogen“) ist bei diesem Gestein mit seinen kleinen wenigen Milimetern großen Kügelchen unbestreitbar. Diese „Fischeier“ sind an sich keine Fischereier, sondern Kalkkügelchen und sind in einem sehr bewegten und salzhaltigen flachmarinen Milieu in der Trias vor etwa 240 Millionen Jahren entstanden.
Der Weg zum Periodischen See
B. und ich gehen weiter in Richtung Norden und schon bald haben wir „Roßla“ hinter uns gelassen. Auf einem schmalen Pfad geht es unter einer Brücke, auf dem die A38 verläuft. Schnell fahrende Autos begleiten uns hier als Hintergrundgeräusch.
Wir gehen unter die Brücke hindurch und sind überrascht, das es sich hier um einen Wanderweg handelt. An einem Baumstamm entdecken wir den kleinen Wanderwegweiser. Doch zu welchem Wanderweg oder -route er gehört, können wir nicht herausfinden.
Vielleicht ist es einfach nur eine Wanderwegverbindung zum Karstweg. Überhaupt ist hier die Beschilderung recht rar, doch B. hat sein GPS-Gerät dabei und das führt uns doch recht sicher zum Ziel.
Der tote Waschbär
Nachdem wir am Waldrand noch einer Schafherde begegnet sind, geht es in einen Wald hinein. Hier geht es merklich bergauf. Als wir uns so grob auf einem Waldpfad in Richtung Norden orientieren, entdecken wir ein Tier am Wegrand liegen. Es ist ein toter Waschbär (Procyon lotor).
Er scheint schon seit einiger Zeit hier zu liegen. Sein graubraunes Rückenfell und sein Kopf sind sehr gut erhalten, allerdings fehl der Rest des Körpers. Ob er das Opfer eines anderen Tier wurde?
Waschbären im Südharz anzutreffen ist mittlerweile keine Seltenheit; wobei mir natürlich jetzt ein Lebendiger lieber wäre, als ein halb-verottetes Tier. Doch wie putzig auch die Tiere aussehen mögen – hier im Raum Mansfeld-Südharz sind sie häufiger als man denkt. Teilweise haben sie sich sogar zu einer Plage entwickelt und richten große Schäden an.
Der Rundweg „Bauerngraben“
Ein kurzes Gedenken an den Waschbären und weiter geht es nach bergauf. Uff – das ist jetzt aber anstrengend.
Doch dann haben wir den Gipfel des „Wurmberges“ erreicht und gehen wir zur Steilkante. Wir blicken auf den den „Bauerngraben“ – auch „Periodischer See“ genannt, doch dieser ist zurzeit leer. Kein Wasser. Der ehemalige Seegrund ist mit verschiedenen Pflanzen bewachsen. Nur die Senke lässt vermuten, das hier mal ein See lag. Eigentlich müsste der See „Episodischer See“ heißen, weil er sich nämlich nicht in regelmässigen Abschnitten mit Wasser auffüllt.
Im Norden vom See angelagt, finden wir den Stempelkasten, eine kleine Sitzbank und eine Informationstafel vor. Vor uns liegt der periodische See. Naja, eher gesagt eine Senke, wo man nur erahnen kann, das hier mal ein See lag.
Doch woher kommt dieses Phänomen? Dazu müssen wir in den Untergrund des Bauerngraben schauen.
Das Geheimnis des „Episodischen Sees“
Das Gebiet des Bauerngraben besteht aus Gips – ein wasserlösliches Gestein, das die wichtige Vorraussetzung für dieses Phänomen ist. Hier in den Bauerngraben fließt der im Harz entspringende „Glasebach“ hinein und das Wasser verschwindet im Untergrund.
Dieses „Bachverschwinden“ wird auch als „Ponore“ bezeichnet und ist hier im Karstgebiet keine Seltenheit, doch beim Bauerngraben gibt es noch einen Unterschied zu anderen Ponoren. Denn manchmal staut sich das Wasser des Glasebachs in der Senke des Bauerngraben und es entsteht der episodische See.
Durch mitgeführtes Gesteinsmaterial im Glasebach können die Hohlräume der Ponore verstopfen und es staut sich das Wasser an und es entsteht ein See. Mit der Zeit löst sich dann der „Gesteinspropfen“ und das Wasser kann wieder abfließen. Der See verschwindet wieder.
Der Rückweg nach Roßla
Der Rückweg gestaltet sich ziemlich einfach, weil wir im Prinzip den gleichen Weg zurückgehen. Nur da die Wanderwege im Waldabschnitt südlich des Bauerngraben ziemlich schlecht ausgeschildert nehmen wir einen anderen Rück- als Hinweg. Doch das ist nicht dramatisch, denn hier führen mehrere Wege zurück nach Roßla.
B. findet ein paar kleine weiße Gesteinsbrocken von Gips und zeigt sie mir. Dieses Gestein findet man hier im Südharz nahezu überall. Es entstand durch das Auskristallisieren aus ehemaligen Calciumsulfat-übersättigtem Meerwasser. Durch spätere Erosionsprozesse hat sich das Gestein teilweise wieder aufgelöst und es entstand die Karstlandschaft, die wir heutzutage im Südharz vorfinden.
Das weckt plötzlich in mir den Wunsch, einmal den Karstwanderweg komplett zu erwandern. Diese spontane Idee behalte ich mir mal im Hinterkopf. Auch B. scheint von der Idee ganz angetan zu sein.
Auf dem Weg zum Bahnhof Roßla kommen wir an einigen Schrebergärten vorbei. Die Spätnachmittagssonne scheint uns ins Gesicht. Alles in allem war es doch eine schöne Wanderung. Auch wenn wir nur einen Stempel geholt haben, hat es sich doch letztendlich gelohnt.
Eigentlich schade, das der „Bauerngraben“ nicht mit Wasser gefüllt war. Das wäre sicherlich nochmals ein anderer Anblick geworden. Aber vielleicht kommen wir ja hier wieder in diese Ecke vom Südharz.
Ein paar wenige Stempelstelle sind noch nicht aufgesucht worden und der Kyffhäuser und Karstwanderweg als weitere Wanderziele sind verlockend.
Nun, wir werden sehen…
Mein Fazit
Diese Tour fand ich im Ganzen als recht entspannt. Dazu beigetragen hat die flache „Goldene Aue“, die das Wandern sehr angenehm macht und daher auch für Wanderanfänger sehr gut geeignet ist. Zumal hat man einen tollen Panoramablick auf den Kyffhäuser und auf den Südharz.
Die einzige Steigung, die es zu überwinden gilt, ist kurz vor dem Bauerngraben. Aber man wird mit einem Ausblick auf dem See – wenn er denn mal da ist – und der Stempelstelle Nr. 213 belohnt.
Für den Geologie-Interessierten ist der Episodische See auch sicherlich etwas Besonderes, das man besuchen sollte.
Die Tour allgemein fast einem längeren Spaziergang und kann man daher als Halbtagestour planen und der Kyffhäuser lädt auf jeden Fall für weitere Wandertouren ein.
Steckbrief: 18. HWN-Tour – Wanderung zum Episodischen See
Karte
Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln
- Bahn: Regionalbahnen fahren von Sangerhausen nach Berga-Kelbra über Roßla
Aufgesuchte Stempelstelle
Quellen und lesenswerte Links
Wer mehr über „Goldene Aue“, Episodischen See und den Kyffhäuser als Wandergebiet erfahren möchte, sollte die folgenden Links besuchen:
- Geologie und Geschichte des Barbarossa-Denkmals
- Blaues Band – die Helme
- Webpräsenz des „Karstwanderweg“
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