22. HWN-Tour: Ein Spaziergang um den Heimberg
„Der Berg ruft.”
©Luis Trenker (1892 – 1990), Bergsteiger, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller
Den Vormittag habe ich mit B. damit verbracht, eine Wandertour zu den Altarklippen zu machen. Wobei Wandertour eher übertrieben ist. Es war eher ein längerer Spaziergang.
Jedenfalls befinden wir uns jetzt wieder am frühen Nachmittag im Hotel. B. liegt auf dem Bett und döst, während ich im Hotelzimmer ein wenig hin und herstreife. Mein Bewegungsdrang ist für heute noch nicht erschöpft.
„Du Schatz, wollen wir nicht so einen Stempel holen?”, frage ich.
Ein „Hm?” kommt aus der Richtung des Bettes. Ansonsten keine weitere Regung. „Beim Heimberg gibt es noch eine Stempelstelle. Und ein paar Geocaches sind auch dabei”, fügte ich hinzu.
Das war das Stichwort, was B. unwillkürlich wieder munter werden lässt. Er ist ein begeisterter Geocacher und so erhebt er sich rasch vom Bett um sich meine Geocache-Funde auf der Smartphone anzusehen. Ich zeige ihm bewusst mit einem Finger auf die Stempelstelle. Da liegt auch eine Geocache.
B’s Sinne sind wieder erwacht. Einen weiteren Stempel und dazu ein paar Geocaches finden. Das lässt er sich nicht entgehen. Schnell ist ein Rucksack gepackt und schon geht es wieder nach draußen. Mein Bewegungsdrang freut sich.
Inhaltsverzeichnis
Unser Ziel: Der Heimberg
Der Heimberg ist eine 352,5 m ü. NHN hohe Erhebung, die sich östlich von Wolfshagen zwischen dem Innerste Stausee und dem Granestausee befindet.
Für Naturfreunde ist zudem seine Lage interessant, weil sich dieser im Naturpark Harz befindet. Dieser Naturpark wurde 1960 gegründet und ist rund 790 km² groß. Zu ihm gehört der Oberharz ohne die niedersächsischen Teile des Nationalparks Harz.
Seine Ost- und Südostgrenze sind ein Teil des Grünen Bandes Deutschland. Seine Grenzen verlaufen beim Naturpark Harz in Sachsen-Anhalt im Osten und an den Naturpark Südharz im Südosten. Der Träger des Naturparks Harz (Niedersachsen) ist der Regionalverband Harz.
Aufgabe dieser Naturparks sind eine artenreiche Flora und Fauna zu erhalten. Geprägt ist der Naturpark Harz von seiner abwechslungsreichen Landschaft wie ausgedehnte Wälder, tiefe eingeschnittene Täler mit Flussläufen und Wasserfällen, Stauseen und -teiche, sowie teilweise landwirtschaftlich genutzte Hochflächen.
Ein wenig Alpen-Gefühl im Harz
Eine Alm gibt es eigentlich nur im Alpenraum. Darunter versteht man eine im Gebirge liegende Wiese, die als Weide genutzt wird. Doch wir befinden uns hier im Westharz, ein Mittelgebirge; aber eben kein Hochgebirge wie die Alpen. Dennoch gibt es hier einen Aussichtspunkt, der uns für einen Moment vergessen lässt, das wir uns „nur“ in einem Mittelgebirge befinden.
Auf einem schmalen Weg hinauf, geht es zügig zum Aussichtspunkt, der auch Wolfshäger Panoramablick heißt. Hier befinden wir uns auf einer Höhe von genau 333 m ü. NHN. Wir lassen unsere Blick über die Landschaft mit dem Ort Wolfshagen im Vordergrund schweifen.
Eine Tafel, die hinter der Absperrung des Aussichtspunktes errichtet wurde, zeigt die einzelnen Namen der Landschaftserhebungen auf. B. und ich genießen den Blick. Erinnert uns ein wenig an einen gemeinsamen Aufenthalt in den Alpen. Wer weiß, vielleicht kommen wir ja nochmal in dieses Hochgebirge.
Doch heute müssen wir uns erstmal mit dem Heimberg begnügen. Immerhin, nur weitere 30 Höhenmeter sind zu überwinden und dann haben wir es auch schon geschafft.
Kleiner Botanischer Exkurs am Heimberg
Heute Vormittag auf der Wanderung war ich doch recht nachlässig, was die Naturbeobachtungen angeht. Doch das ist mir erst nach der Wanderung aufgefallen. Daher war es mir umso wichtiger, wieder ein paar schöne Beobachtungen herauszupicken.
Ich musste nicht lange suchen, denn auf dem Weg zur Spitze des Heimberges, hatte ein kleiner Zapfen mit etwas eigenartigen Schuppen meine Aufmerksamkeit erregt.
Der Zapfen stammt von einer Gewöhnlichen Douglasie (Pseudotsuga menziesii). Leicht daran zu erkennen, das die Deckschuppen weit über die Samenschuppen hinausragen und das deren Ende in drei kleine Spitzen übergeht. Das ist als Erkennungsmerkmal unverwechselbar.
Die Douglasie ist eigentlich ursprünglich kein einheimischer Baum in Deutschland. Er wurde aber vor über 100 Jahren hier in Deutschland eingeführt und hat sich als Nutzholz bewährt. Sein Handelsname ist „Oregon Pine“.
Die Douglasie wird bei Aufforstungen gerne verwendet, da sie winterhart ist und weniger anfällig gegenüber Sturm, Rotfäule (eine Erkrankung des Holzes durch einen Pilz) und Borkenkäfer (Unterfamilie Scolytinae).
Von diesen ganz großen Pflanzen wandert mein Blick auf dem Boden um weitere Entdeckungen zu machen. Eine Goldnessel (Lamium galeobdolon) mache ich ausfindig.
Die Goldnessel gehört zu der Familie der Taubnessel. Das heißt, diese Pflanze kann man anfassen, ohne eine Verbrennung auf der Haut – wie man es von Brennnesseln kennt – zu befürchten.
Die Blüten und jungen Blätter kann man sogar als Salat essen. Als Kind habe ich versucht, die Blüten auszulutschen, da ich damals die Vorstellung hatte, da wäre Honig drin. Bei einigen Blüten schmeck man tatsächlich noch etwas süßliches. Das man aber die ganze Blüten essen kann, war mir damals noch nicht bewusst.
Noch ein Blick tiefer in die Botanik bzw. auf dem Erdboden entdecke ich ein schönes weiches Moos der Gattung der Widertonmoose (Polytrichum).
Diese Gattung mit ihren ungewöhnlichen Namen „Widerton“ leitet sich von „Wider-das-antun“ ab, da einige Arten gegen böse Zauber verwendet wurden.
Neben Zauberrei und Hexenglauben, hatten Widertonmoose auch einen sehr praktischen Nutzen. Die Blätter wurden einst als Matratzenfüllungen verwendet. Die Blätter weisen eine gute Quellfähigkeit auf, daher verdichtete man damit die Fugen von Booten oder die Ritzen an Holzhäusern.
Die Spur der Steine
Neben den kleinen botanischen Exkurs fallen uns auf dem Weg zum Heimberg einige Bäume mit einer besonderen Wegmarkierung auf. Es ist ein Teil des Themenrundweges „Spur der Steine”, der 2016 eröffnet wurde.
Dieser Themenweg, der um das ehemalige Tagebaugelände des Heimberges führt, informiert den Besucher anhand von Schautafeln die Entwicklung von Wald und Forstwirtschaft im Harz. Auch die Verwandlung der ehemaligen Abbaustätte zum heutigen Biotop und dessen Pflanzen- und Tierwelt wird anschaulich erläutert.
Der Themenrundweg bietet zwei Aussichtspunkte, wobei man beim zweiten Aussichtspunkt den Stempelkasten, unser eigentliches Ziel dieser Wanderung, vorfindet. Hier werden wir, neben dem Stempelabdruck, mit einem wunderschönen Panoramablick auf das ehemalige Tagebaugelände belohnt.
Von hier aus kann man auch das Highlight des Heimberges erblicken: der „Brutfelsen” – ein etwa 50 m hoher Inselberg, der aus minderwertigen Gestein besteht und aufgrund seiner Größe und zentralen Lage sofort ein Blickfang ist.
Ein kurzer (geo)historischer Abriss
Überall auf dem Weg um den Heimberg kann man Gesteinsbruchstücke vom Diabas entdecken, der hier einst abgebaut wurde. Er wird gerne zu Straßen- und Bahnschotter verwendet, da er gegenüber Druck und Frost eher unempfindlich ist. Zudem zeichnet er sich durch ein hohes Eigengewicht aus.
Unter „Diabas” versteht man ein magmatisches Gestein, das nach einem Vulkanausbruch auf dem Meeresboden entstanden ist.
Vor 380 Millionen Jahren war die Region des Heimberges von einem Meer bedeckt. Doch in der Erdkruste stiegen Magmen auf und es entstanden untermeerische („submarine”) Vulkanausbrüche. Das Magma drang in den submarinen tonigen Meeresboden und es entstand die Basis für die Bildung des Diabas. Diese Vulkanausbrüche entstanden zwischen dem heutigen Innerste- und östlichen Granetal.
Auf dem Rundweg um den Heimberg findet man viele Gesteinsbruchstücke unterschiedlichster Größe von diesem submarinen Vulkangestein. Ich findet ein handliches Stück und betrachte es näher.
Dank einer frischen Bruchstelle, kann man gut seine dichte bis mittelkörnige Struktur erkennen. Seine Farbe ist nicht eindeutig schwarz, denn es ist eine sehr leichte grünliche Färbung zu erkennen, daher wird der Diabas auch oft als „Grünstein” bezeichnet. Diese Färbung entstand durch die Umwandlung des Minerals Augit in Chlorit. Die Umwandlung wird auch als „Chloritisierung” bezeichnet.
Gegenüber der Entstehungsgeschichte des Diabas ist seine bergbauliche Geschichte hier auf dem Heimberg nur sozusagen ein erdgeschichtlicher Wimpernschlag.
Der Diabas-Abbau hatte seine Blütezeit von den 1950er bis in die 1980er Jahre. Doch bereits in den 1980er Jahren war aufgrund der starken Nachfrage eine Vergrößerung des Tagesbaugeländes notwendig um den Bedarf weiterhin decken zu können.
Doch der Eingriff in die Landschaft und Natur wurde in der Öffentlichkeit nicht gut aufgenommen. Es kam zu einem Image-Schaden der Steinbruch-Betreiber und so wurde letztendlich der Betrieb am Heimberg am 31.12.1986 eingestellt.
Das Biotop Heimberg
Kurz nach der Stilllegung des Tagebaugeländes folgten bereits die ersten Renaturierungsarbeiten. Mittlerweile leben hier einige seltene Tiere wie der Uhu (Bubo bubo) oder die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans), die aufgrund ihres glockenähnlichen Rufes auch „Glockenfrosch” genannt wird.
Eine Besonderheit im Biotop Heimberg sind die vielen wärmeliebenden Libellenarten. Der Steinbruch hat eine Kesselform, die sich im Sommer durch die direkte Sonneneinstrahlung bis zu Temperaturen von 50 °C aufheizen kann. Dadurch herrschen hier mediterrane Bedingungen mit Flachwasserzonen und viele baumfreie Bereiche. Diese Bedingungen sorgen dafür, das sich die Libellen sehr wohl fühlen.
Im Vergleich zum Landkreis Goslar, wo 62 Libellenarten gezählt wurde, gibt es allein im Biotop Heimberg bis zu 42 nachgewiesenen Arte – ein weiterer Grund, warum dieses Biotop etwas ganz besonderes und schützenswert ist.
Runter vom Berg!
Wir gehen an der Waldgaststätte des TSW Wolfshagen vorbei und schon befinden wir uns wieder im Ausgangspunkt: der Ort Wolfshagen im Harz.
Eine der letzten Stationen von der „Spur der Steine” finden wir auch wieder. Es scheint, als schließt sich jetzt nicht nur unsere Wanderung, sondern auch allgemein der Tag mit den zwei Touren. Wir machen uns auf den Rückweg zu unserem Hotel.
Zwar ist erst ab Morgen Walpurgisnacht – DAS traditionelle Fest im Harz – doch B. und ich haben schon heute ein Grund zu feiern: zwei Wanderungen (oder Spaziergänge, das überlasse ich dem Leser) an einem Tag, das kommt nicht häufig vor.
Wir feiern jetzt erstmal einmal vor. Das haben wir uns verdient. Prost!
Mein Fazit
Wer sich für die regionale Bergbaugeschichte und Geologie des Nordwestharzes interessiert, sollte den Themenpfad „Spur der Steine“ besuchen. Anhand von Schautafeln und dank der vielen herumliegenden Gesteinsbruchstücke kann man sich ein gutes Bild von der (Erd-)Geschichte des Heimberges machen.
Auch für Naturfreunde ist der Heimberg ein Paradies. Wer Glück hat, kann sogar einer der seltenen Tiere und Pflanzen beobachten.
Wem die Tour um den Heimberg nicht reicht, sollte einen Abstecher zur „Wolfshäger Panoramablick” machen. Hier bekommt man einen kleinen Einblick dafür, wie es auf den alpinen Almen aussehen kann.
Insgesamt sollte die Wanderung eher als kleine Wandertour oder als langer Spaziergang verstanden werden. Wer eine lange Tour erwartet, sollte diese Rundtour mit anderen Wanderhighlights in der Umgebung (z.B. Granetalsperre, Innerstetalsperre) kombinieren.
Steckbrief: 22. HWN-Tour – Spaziergang um den Heimberg
Karte
Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel
Bahn: Regionalbahnen fahren nach Goslar
Regionalverkehr: Von Goslar ZOB mit dem Bus 832 in Richtung „Wildemann“ fahren und bei Wolfshagen im Harz aussteigen
Einkehrmöglichkeit
Wolfshagen im Harz bietet vor oder nach dem Spaziergang einige Einkehrmöglichkeiten an
Aufgesuchte Stempelstellen
Quellen und lesenswerte Links
- „Spur der Steine” – baunetzwerk.biz
- Webseite über den Naturpark Harz – harzregion.de
Homepage des Ortes Wolfshagen mit Themenpfad „Spur der Steine“- Spur der Steine – spur-der-steine.info
- Informationen über die Taubnessel – pflanzen-vielfalt.net
- Buch über Widertonmoos: Heinrich Marzell: Der Widerton als Zauberpflanze. In: Zeitschrift für Volkskunde. NF Bd. 3 = Jg. 41, 1931, S. 163–171, (Digitalisat). zauberpflanze moos
- Mineralien des Heimbergs – mineralienatlas.de
Die Links wurden am 6.12.2021 abgerufen
Hast du schon einmal einen ehemaligen Tagebau besucht? Was hast du dort entdecken können?
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