29. HWN-Tour: Rundwanderung bei Schierke
„Seh die Bäume hinter Bäumen,
wie sie schnell vorüberrücken,
und die Klippen, die sich bücken,
und die langen Felsennasen,
wie sie schnarchen, wie sie blasen!“ (aus: Faust II)© Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832), deutscher Dichter und Naturforscher
B. und ich hatten für Anfang Juni 2017 wieder ein Wander-Wochenende im Harz geplant. Wir hatten großes vor, denn neben dem Sammeln von ein paar Stempeln der Harzer Wandernadel, wollten wir auch die höchste Erhebung des Harzes erwandern: den Brocken. Der Brocken muss aber bei unserem Ankunftstag erst mal warten.
Wir befinden uns in Schierke. Zur Mittagszeit sind wir dort angekommen und haben wir uns gleich bei unserem Hotel eingecheckt und danach ein Mittagessen in einem Café eingenommen. Danach haben wir noch ein paar Einkäufe im Ort erledigt und uns den Kurpark und Steingarten des Ortes angeguckt.
Dennoch scheint die Zeit nicht zu vergehen. Es ist erst frühester Nachmittag, als wir den Steingarten wieder verlassen. Eigentlich war für heute Nachmittag ein Gewitter angekündigt worden, doch bisher haben wir nichts davon gesehen.
Was machen wir also noch mit der freien Zeit? Ist vielleicht eine Stempelstelle in der Nähe? Ein kurzer Check auf dem Handy mit dementsprechender Harzer-Wandernadel-App sagt: Ja, eine Stempelstelle ist in der Nähe und die schaffen wir zeitlich definitiv. Also los!
Zu den Schnarcherklippen
Die Stempelstelle 14 / Schnarcherklippen ist die nächstgelegene Stempelstelle von Schierke. Laut der Routenplanung brauchen wir von unserem Standpunkt etwa 40 Minuten bis wir bei der Stempelstelle sind. 40 Minuten hin und nochmals 40 Minuten zurück. Das ist okay.
Ein Blick nach oben. Das Gewitter ist noch nicht da. Das schaffen wir.
So rüsten wir unsere Rucksäcke mit Getränken und Kameras aus und starten in Richtung Schnarcherklippen.
Durch Schierke
Zuerst geht es durch den Ort Schierke. Eingerahmt von den Wäldern und Felsen des Harzes liegt dieser Ort, der eigentlich ein Ortsteil von Wernigerode ist, im Hochharz.
Bekannt ist er dadurch geworden, dass er der nächstgelegene Ort zum Brockengipfel ist. Daher ist es kein Wunder, dass die meisten Wandertouren zum Brocken von hier aus starten.
Für die, die nicht so gerne wandern, aber auf den Brocken möchten, kann man hier am Bahnhof Schierke in die Brockenbahn einsteigen. Die Fahrt zum höchsten Berg des Harzes (und Sachsen-Anhalt) dauert etwa 30 Minuten.
Schierke ist aber nicht nur ein guter Ausgangsort für Wandertouren, sondern auch seit 2002 ein anerkannter Luftkurort und daher auch für die Menschen interessant, die hier Erholung suchen und etwas für ihre Gesundheit tun wollen.
Ein teuflischer Stieg
Um zu den Schnarcherklippen zu kommen, müssen wir ein paar Höhenmeter überwinden, denn die Klippen befinden sich bei etwa 671 m ü. NHN und wir hier in Schierke befinden uns bei etwa 600 – 650 m ü. NHN.
Kein Wunder also, das uns ein AnSTIEG erwartet. Ein Stieg ist die Bezeichnung für schmale Wanderwege, auf denen man Berge und Anhöhen überwinden kann. Der Einstieg zum sogenannten Teufelsstieg, der uns zu den Schnarcherklippen bringt, ist schnell gefunden.
„Oha, da müssen wir raus?“, frage ich mich selbst und blicke auf den felsigen Anstieg.
Warum überrascht es mich eigentlich?
Wir sind hier im Harz und nicht an der flachen Nordseeküste. Und es ist ja weder für mich, noch für B. das erste Mal, das wir im Harz wandern. Also wandern wir frohen Mutes hinauf über Stock und Stein.
Den bereits erwähnte Teufelsstieg ist ein Wanderweg, denn es seit 2005 gibt, wobei der Abschnitt, der wir gerade schnaufend hinaufsteigen erst 2014 – also 9 Jahre später – als Erweiterung dazugekommen ist.
Die ursprüngliche Route verläuft von Bad Harzburg über Molkenhaus und Scharfenstein auf den Brocken. Die Erweiterung startet beim Brocken und verläuft über Eckerloch und Schierke bis nach Elend.
Die Mauseklippe
Auf dem Weg nach oben können wir bereits auf der rechten Seite auf einer Anhöhe erste Gesteinsklippen, versteckt hinter Nadelbäumen, erkennen. Diese gehören aber nicht zu den Schnarcherklippen, sondern sind eine eigene Formation mit dem Namen Mauseklippe, andere sagen auch Mäuseklippe dazu.
Die Mauseklippe sind beliebte Kletterfelsen. Hier kann sich jeder Kletter- und Boulder-Enthusiast austoben. B. und ich sind weniger die Kletterer und bestaunen daher vom Boden aus die Felsformation. Hier kann man gut die Wollsackverwitterung am Gestein beobachten.
Damit wird eine Verwitterungsform an Gesteinen bezeichnet, die durch chemische und physikalische Prozesse kantengerundete Gesteinsblöcke entstehen lässt. Diese Blöcke ähneln Kissen, Matratzen oder eben Wollsäcken, die übereinander gestapelt liegen.
Die Schnarcherklippen
Wenn man die Mauseklippe erreicht hat, ist es knapp 10 Minuten zu Fuß, bis man vor den Schnarcherklippen steht. Die Schnarcherklippen sind ebenfalls eine Granitformation aus zwei Granittürmen, an denen man die Wollsackverwitterung gut beobachten kann.
Bei diesen Klippen gibt es die Besonderheit, dass hier die Kompassnadel ausweicht. Der Grund dafür liegt am hohen Anteil des Minerals Magnetit im Gestein, das wie der Name schon sagt, magnetisch ist und daher jede Kompassnadel von seiner Nordrichtung ablenkt. Jeder kann dieses Phänomen einmal hier am Felsen mit einem Kompass ausprobieren.
Ein berühmter Besucher der Schnarcherklippen war Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832). Er besuchte auf seiner dritten Harzreise im Jahr 1784 die beiden Felstürme und war sichtlich von ihnen fasziniert.
Nicht nur von ihrer Form, sondern die Faszination lag alleine schon an der Herkunft des Namen „Schnarcherklippen“. Das „Schnarchen“ wird erzeugt, wenn Wind aus südöstlicher Richtung zu den Felsen weht. Die Felsen erzeugen dann ein Geräusch, dass einem Schnarchen recht ähnlich ist.
Goethe hat dieses Phänomen mit zwei Passagen in seinem Meisterwerk „Faust“ verewigt. Verewigt wurde der Dichter ebenfalls. Der erste Buchstabe seines Vornamens ziert einer der Felstürme.
Hinauf auf den blauen Leitern und Rückkern
Eine der beiden Schnarcherklippen kann man nicht nur vom Boden aus bewundern, sondern blaue Eisenleitern ermöglichen es, einen Blick von der Spitze des Felsturmes in die Weite des Harzes zu werfen.
Ich klettere vorsichtig die Stufen hinauf. Ein kurzer Nervenkitzel und schon bin ich oben. Auf der anderen Schnarcherklippe kann ich sehen, das ich nicht die einzige Person bin, die gerade dabei ist Felstürme zu erobern.
Von hier habe ich eine tolle Aussicht über die weiten Wälder des Harzes. Immer wieder ein faszinierendes Bild, über die scheinbar endlosen Wälder des Harzes zu blicken. Den Wurmberg und den Brocken erkenne ich auch noch am Horizont. Ein Stück von Schierke kann ich auch zwischen den Bäumen erkennen.
Mittlerweile hat sich eine dunkelgraue Wolkendecke über unseren Köpfen aufgetürmt. Das angekündigte Gewitter hat sich mittlerweile genähert und den ersten Blitz habe ich auch bereits gesehen. Jetzt heißt es schnell runter vom Felsenturm und zurück nach Schierke. Bei Gewitter sollte man sich nämlich nicht auf den Felstentürmen aufhalten.
Vorab stempeln wir natürlich unsere Heft mit der Nr. 14 ab, bevor wir uns bergab nach Schierke begeben. Recht zügig kommen wir auch wieder im Luftkurort an.
Ja, nein – doch!
Wir warten zuerst eine Weile ab und stellen schließlich fest, dass es außer ein paar Regentropfen und paar Blitzen das angekündigte Gewitter ausgeblieben ist.
Hm, wir haben zwar unseren Stempel für den heutigen Tag gesammelt, aber so richtig zufrieden sind wir nicht. Es ist erst früher Nachmittag und Schierke haben wir ja bereits erkundet.
Wie wäre es noch ein paar Geocaches zu suchen?
B. und ich sind jetzt erst gerade so richtig in den Wander-Flow gekommen. Okay, holen wir uns paar Dosen und noch ein paar Stempel. B. hat noch zwei weitere Stempelstellen in der Nähe gefunden.
Das motiviert.
Helenenruh
Wir gehen auf den Mühlenweg in Richtung Helenenruh, der nächsten Stempelstelle. Im leichten Zickzack wandern wir einen steilen steinigen Pfad nach oben. Auf der Anhöhe angekommen geht es wieder einen Pfad bergab, direkt zur Stempelstelle.
Wir treffen eine kleine Schutzhütte vor. Der Stempelkasten ist auf einem Pfahl aufgestellt worden. Davor steht ein Stein mit der Aufschrift „Helenruh“ und eine Holzbank, die zum Verweilen einlädt. Bald ziert schon der nächste Stempel unser Stempelheft.
Vom Aussichtspunkt Helenenruh kann man eigentlich den Brocken sehen, doch das Wetter spielt leider nicht mit und so wird es nichts mit der Aussicht. Aber in das 150 m tiefe Schluchttal kann man blicken.
Wir gehen weiter bergab, doch statt bis ins Tal zu gehen, lotst mich B. bei der nächsten Möglichkeit nach rechts zu gehen.
Warum? Dort wartet ein Geocache auf uns.
Die versteckte Burg
Ohne einen direkten Hinweis oder einer Tafel befinden wir nach der Abzweigung auf einer Burgruine. Das Versteck des Geocaches ist schnell gefunden. Dennoch nehmen wir uns die Zeit und schauen uns um. Was uns besonders fasziniert ist ein Loch im Felsen.
Dieses Loch gehört zur Felsenkammer der ehemaligen Burg, die sich hier einst befand. Wir stehen auf der Burgruine Elendsburg – eine unter Denkmalschutz stehende Burgruine.
Nur mit viel Fantasie kann man noch etwas von einer Burg erkennen. Burgmauern und Türme sind nicht erhalten. Nur einige Treppenstufen, Wälle und Gräben kann man noch finden.
Nach dieser kleinen Entdeckungsreise in die Vergangenheit, gehen wir weiter. Wir folgen dem Pfad, der uns ins Tal der Kalten Bode führt. Erst hier finden wir ein Schild – leider zerstört – vor, das uns auf die Burgruine hinweist.
Durch das Tal der Kalten Bode
Die Kalte Bode ist ein Quellfluss der Bode. Der Namenzusatz „kalt“ ist daher entstanden, das tatsächlich ein Temperaturunterschied von 2 °C zwischen der Warmen Bode und der Kalten Bode herrscht.
Hier durch das Tal der Kalten Bode zu gehen hat einen wildromantischen Charakter. Ich finde jedenfalls es sehr schön hier. Es ist sehr ruhig und beschaulich. Ich schaue mich um, was hier so wächst und gedeiht.
Wunderschön wachsen hier einige Exemplare des Wald-Storchschnabel (Geranium sylvaticum). Auffällig sind ihre dunkel bläulich- bis rötlichpurpurfarbenen Blütenblätter. Der Name stammt von ihrer Frucht, die dem Schnabel eines Storches ähnelt.
Diese Storchschnabel-Art ist in Europa weit verbreitet. Sie bevorzugt Fels- und Bergstandorte. Kein Wunder also, dass sie im alpinen Raum bis 2300 m ü. NHN vorkommen kann. So hoch befinden wir uns hier im Harz nicht, zudem B. und ich gerade bergab weiter ins Kalte Bodetal gehen.
Wir wechseln die Uferseite, als wir eine kleine Brücke mit einem Schild antreffen. Ein Hinweis, das wir uns wieder auf dem Teufelsstieg befinden. Auf dem Schild steht noch eine Passage aus „Faust“.
Zum letzten Mal bergauf
Zu der (wirklich) letzten Stempelstelle des heutigen Tages geht es wieder bergauf. Der Teufelsstieg scheint hier auch gleichzeitig der Harzer-Hexen-Stieges zu sein, denn Symbole dieses Wanderweges finden wir hier vor. Der Harzer-Hexen-Stieg gehört zu den Fernwanderwandegen im Harz. Auf seinen etwa 100 km wird man einmal von Osterode über den Brocken nach Thale geführt.
Durch den Nadelwald suchen wir den Weg, der uns zur Stempelstelle führen sollte. Hm, wo ist der denn?
Ah, versteckt hinterm Baum ist ein Stempelkasten befestigt worden. Und da ist ja auch der Weg! Warum haben wir den nicht gesehen?
Eine klare Ausschilderung zu dieser Stempelstelle haben wir jedenfalls nicht gesehen. Egal, der letzten Stempel ist im Heft, wir genießen noch ein wenig von hier die Aussicht und machen uns dann auf den Rückweg.
Mich freut es, dass wir statt einem Stempel, sogar drei Stempel gesammelt haben. Wobei wir diese Tour letztendlich auch anders hätte wandern können. Denn so gehen wir weiter dem Berg hinauf und kommen wieder bei den Schnarcherklippen an. Die kennen wir ja bereits. Daher verweilen wir hier nicht lange und begeben uns jetzt auf dem Weg zurück ins Hotel.
Mittlerweile fängt es auch an dunkel zu werden – also eh ein guter Zeitpunkt, jetzt bereits auf dem Rückweg zu sein.
Zum Abschluss Goethe
Bekannte Wege geht man gewöhnlich schneller und so sind wir wieder recht schnell – trotz des steinigen Weges des Teufelsstieges – wieder in Schierke.
Zu unserem Hotel ist es noch ein Stück zu gehen. Wir entscheiden uns für einen anderen Weg zurück und so kommen wir an einem Stein vorbei, den wir noch nicht gesehen haben. Goethe lässt grüßen.
Wir lesen die Worte auf dem Granitfelsen. Passende Abschlussworte für diesen Tag.
B. und ich verweilen hier noch – wir sind mittlerweile jetzt „schön“ müde. Aber unser Wanderwochenende hat erst gerade angefangen.
Fazit
Bei dieser Tour sind B. und ich mehr Kilometer gelaufen als eigentlich notwendig. Okay, hier hat uns das Wetter etwas verunsichert, ob wir es schaffen einmal eine ganze Runde zu gehen oder ob es nur für die nächste Stempelstelle (in dem Falle Schnarcherklippen) reicht.
Nichtsdestotrotz, ich finde Harzklippen faszinierend und daher hat sich der doppelte Besuch bei den Schnarcherklippen doch irgendwie gelohnt.
Wanderanfänger könnten vom Teufelsstieg abgeschreckt sein. Geht es doch recht steil und steinig nach oben. Aber das gehört zum Harz dazu. Und ein Stempelsammler lässt sich eh nicht von solchen Wegbeschaffenheiten abschrecken, oder?!
Weitere Impressionen
Steckbrief
Karte
Anfahrt
Bus
Mit der Bahn nach Wernigerode, von dort die Buslinie 264 fährt nach Schierke
Mit der Bahn nach Bad Harzburg, von dort den Bus 820 nach Braunlage, von dort Bus 264 nach Schierke
Bahn
Die Brockenbahn fährt von Wernigerode über Drei Annen Hohne nach Schierke
Wegbeschaffenheit
Haupstächlich Waldwege, teilweise recht schmal, Teufelsstieg zu den Schnarcherklippen ist steinig, Trittsicher sollte man sein
Einkehrmöglichkeiten
In Schierke gibt es einige Einkehrmöglichkeiten
Aufgesuchte Stempelstellen
Quellen und lesenswerte Links
Hier findest du einiges an Lesematerial bezüglich der Stempelstellen, Schierke und natürlich Goethe:
- Webpräsenz der Stadt Schierke
- Webpräsenz der Brockenbahn / Harzer Schmalspurbahn
- Der Brocken im Harz – www.harzinfo.de
- Wanderungen im Hochharz – www.harz-kompakt.de
- Der Barenberg bei Schierke – www.ausflugsziele-im-harz.de
- Harzreisen des Johann Wolfgang von Goethe – www.harzlife.de
(Die Links wurden am 11.04.2021 abgerufen)
Hast du einmal die Schnarcherklippen „schnarchen“ gehört? Oder warst du Bouldern auf der Mauseklippe? Hast du die Burgruine Elendsburg entdeckt?
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