1. HWN-Tour: Durch das Bodetal
„Das gewaltigste Felsental nördlich der Alpen!“
© Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832), deutscher Dichter
Ich bin total aufgeregt. Mehr sogar als das, denn ab heute (28.06.2015) beginnt meine Harzer-Wandernadel-Challenge. Für die erste Tour habe ich mir das Bodetal bei Thale ausgesucht.
Hier war ich bereits einmal wandern und blicke immer mit einem Lächeln an diese Tour zurück. Diese schönen Erinnerungen an die Orte, die ich gesehen habe, will ich nun etwas auffrischen. Leider hat B. keine Zeit, daher bin ich bei der heutigen Tour alleine unterwegs.
Mein Ziel ist es, zuerst das Bodetal bis nach Treseburg zu durchqueren. Der Rückweg verläuft dann über Weißer Hirsch und „Pfeil“-Denkmal zum Hexentanzplatz bis zurück zum Bahnhof Thale. Dabei werde ich 6 Stempelstellen der Harzer Wandernadel aufsuchen.
Die Harzer-Wandernadel-Challenge beginnt
Bevor es überhaupt mit dem Stempeln losgeht, braucht man zuerst Stempelhefte. Diese kann man direkt z.B. bei der Touristeninformation am Thaler Bahnhof erwerben.
Dort kaufe ich für mich und B. jeweils den „Harzer Wanderpass“ und die zusätzlichen Pässe für den „Harzer Grenzweg“, „Goetheweg“, „Harzer Hexenstieg“ und „Harzer Steiger“. Wenn, dann richtig.
Eine kurze geologische Einführung vom Bodetal
Dank der guten Ausschilderung ist es leicht vom Bahnhof Thale ins Bodetal zu kommen. Auf dem Weg dorthin, komme ich an der Bronzefigur Bergmönch vorbei. Diese zeigt ein typisches Fabelwesen aus dem Harzer Raum und ist eine der Stationen des Thalenser Mythenweges.
Das Gestein, das beim Bergmönch liegt, weckt mein Interesse.
Es ist ein Ramberggranit. Ein heller weißer Granit, der vor allem im vorderen Bereich des Bodetals häufig anzutreffen ist und zudem die höchsten Felsen im Bodetal bildet. Der Granit entstand vor ungefähr 300 Millionen Jahren.
Da der Ramberggranit bei der Bronzefigur keine typische grau-braune Erosionsschicht aufweist, erkennt man die verschiedenen Minerale im Gestein sehr gut. Weißer Feldspat verleiht dem Granit seine helle Farbe, Quarz gibt ihm eine leichte Grautönung und die kleinen schwarzen Minerale sind Biotite, ein Glimmermineral.
Je tiefer man in das Bodetal geht, desto dunkler wird das Gestein. Diese Gesteine sind Hornfelse, Knoten- und Tonschiefer. Vor allem im hinteren Bereich des Bodetales sind stellenweise Tonschiefer mit einer dunklen Bänderung zu erkennen. Diese Bänderungen waren einst ehemalige Schichtungen eines Meeressediments mit organischem Anteil.
Die Hornfelse und Knotenschiefer entstanden durch Kontaktmetamorphose. Deren Alter wird auf 370 – 400 Millionen Jahre geschätzt.
Das Bodetal und mein erster Wanderstempel
Das Bodetal ist ein ungefähr 10 km langer schluchtartiger Talabschnitt, das zwischen Thale und Treseburg liegt. Es ist zudem die einzige Klamm im ganzen Harz.
Die Bode, der namensgebende Fluss, hat sich bis zu 280 m tief in das Tal geschnitten und so ein Kerbtal gebildet.
Mit zügigen Schritten begebe ich mich ins Bodetal. Ehe ich mich versehe, bin ich bereits mittendrin. Die Sonne scheint durch das Blätterdach, einige Vögel zwitschern und ich bewundere die hohen bizarren und schroffen Felswände zu beiden Seiten.
Die erste Stempelstelle Hirschgrund ist nicht mehr weit und ich blicke gelegentlich zu meiner linken Seite und beobachte, wie die Bode sich ihren Weg durch das Tal bahnt.
Ganze Gesteinsbrocken vom Ramberggranit liegen im Flußbett verstreut. Die Natur hat hier ihre Spuren hinterlassen und hat die Gesteine mit einer grauen Erosionsschicht überzogen. Von ihrer schönen hellen weißen Farbe ist nichts zu erkennen.
An der „Waldkaterbrücke“ vorbei, sehe ich bereits den grünen Stempelkasten. Hier hole ich meinen allerersten Harzer Wandernadelstempel ab.
Leider ist das Gummi des Stempels kaputt. Na, das fängt ja gut an. Zum Glück besitze ich einen Ersatzstempel, den ich mir vorab besorgt habe. Damit stempel ich das Heft ab und schreibe mir dazu die Nummer von der Innenseite des Klappdeckels des Stempelkastens auf.
Mein erster Stempel! Ich bin stolz wie Bolle!
Begegnung bei der Schutzhütte
Auf meinem Weg durch das Tal kommen mir etliche Wanderer entgegen. Das gute Wetter scheint wohl alle ins Bodetal zu locken.
Nachdem zwei Drittel der Strecke zwischen Thale und Treseburg geschafft sind, beginnt mein linker Fuß zu schmerzen. Mist. Jetzt wäre eine Pause ganz gut. Ich suche nach einer Rastmöglichkeit.
Bei der Stelle, wo der Dambach in die Bode mündet, sehe ich eine kleine Schutzhütte. Meine Pause ist gerettet! Ich bin aber wohl nicht die Einzige, die den Gedanken an einer Pause hatte. Denn vor mir macht sich bereits eine Wandergruppe auf dem Weg zur Hütte. Ohje!
Ich folge der Gruppe und finde tatsächlich doch noch einen Sitzplatz in der Schutzhütte. Bei meiner Ankunft begrüßt mich die Gruppe und sofort werde ich befragt, woher ich denn komme („Heute aus Thale, aber eigentlich aus Magdeburg.“), was mein Ziel sei („Treseburg und dann über den Weißen Hirsch und Hexentanzplatz zurück nach Thale.“) und warum ich denn hier im Harz wandere („Ich möchte Harzer Wanderkaiser werden.“).
Beim Erwähnen des Wortes Wanderkaisers müssen einige in der Gruppe grinsen. Die Harzer Wandernadel ist also nichts unbekanntes.
Ich frage die Gruppe, ob sie ein Harzer Wanderverein sei, aber einer der älteren Herren sagt, das sie nur eine Gruppe aus Freunden und Bekannten ist, die sich regelmässig zum Wandern trifft.
Obwohl ich die Gruppe erst seit ein paar Minuten kenne, fühle ich mich in deren Gesellschaft pudelwohl. Sie teilen sogar ihr Pausenbrot mit mir. Es gibt Brotschnitten mit Schmalz, ganze Erdbeeren als Häppchen und zum Abschluss einen Eierlikör im Waffelbecher. Nach dieser unterhaltsamen Pause setze ich meinen Weg zusammen mit der Gruppe fort, denn wir haben das gleiche Ziel: Treseburg.
Leider kann ich die Gruppe nicht lange begleiten, weil ich doch ein wesentlich schnelleres Wandertempo habe. Zudem ist es recht anstregend, extra langsamer zu wandern, als man es gewohnt ist. Ich verabschiede mich daher von der Gruppe und setze meine Wanderung durch das Bodetal in meinem gewohnten Tempo fort.
Die Sonnenklippe
Bereits 9 km liegen hinter mir, als ich die Stempelstelle Sonnenklippe erreiche. An diesen Klippen sieht man sehr schön die bereits erwähnten gebänderten Schiefer. Hier sticht auch die dunkle Farbe hervor, die ein Hinweis auf organische Substanzen ist.
Neben dem Gestein fasziniert mich auch eine knorrige Rotbuche (Fagus sylvatica). Es scheint, als sei sie bis hierher gewandert und habe sich zur Pause auf den Felsen gesetzt. Es ist ungewöhnlich, eine Buche an so einem sonnigen und offenen Ort zu sehen, aber das erklärt wohl auch ihre seltsame Wuchsform.
Während ich einige Fotos von diesem mystisch wirkenden Ort mache, treffe ich die Wandergruppe von der Schutzhütte an. Jetzt laufen wir doch noch gemeinsam die letzten Meter bis zum Talausgang. In Gesellschaft ist doch manche Wanderung schöner.
Von Treseburg zum „Weißer Hirsch“
Geschafft! Der erste Teil meiner Wanderung mit etwa 10 Kilometern liegt hinter mir. Innerlich feiere ich diesen kleinen Sieg.
Jetzt heißt es, den Rückweg über Weißer Hirsch und „Pfeil“-Denkmal zum Hexentanzplatz anzutreten. Dieser ist ebenfalls ungefähr 10 km lang.
„Weißer Hirsch“ und die „Schlange“ im Bodetal
Die zweite Hälfte meiner Stempeltour beginnt mit dem Aufstieg zur Stempelstelle Weißer Hirsch, ein 414 m ü. NHN liegende Felsklippe mit Aussichtspunkt. Bei guter Sicht kann man von dort aus den Brocken sehen.
Der Name „Weißer Hirsch“ basiert auf eine Sage, die hier in Treseburg spielte. Doch neben der Sagengestalt, gibt es natürlich auch echte Tiere im Bodetal.
Bei dem sehr steilen Aufstieg zum Weißen Hirsch, stolpere ich fast sogar über ein Tier. Ups!
Ich habe eine Blindschleiche (Anguis fragilis) bei ihrem Sonnenbad auf dem Wanderweg gestört. Die Blindschleiche bleibt aber überraschenderweise ruhig liegen. Sie hat sich, im Gegensatz zu mir, wohl nicht erschreckt.
Blindschleichen haben die Fähigkeit ihren Schwanz bei Gefahr abzuwerfen. Das hier liegende Exemplar befand sich wohl einst in Gefahr, denn der Schwanzstumpf ist gut zu erkennen. Auf dem ersten Blick, denk man, dass Blindschleichen Schlangen sind, das ist aber ein Irrtum. Sie gehören zur Familie der Echsen.
(Wer du noch mehr über die Blindschleiche erfahren möchte, solltest du hier klicken!)
„Pfeil“-Denkmal und der Wald
Nachdem der Stempel vom Weißen Hirsch mein Stempelheft ziert, folge ich weiter bergauf den ausgeschilderten Wanderweg in Richtung „Großer Dambachskopf“, einer Erhebung von über 450 m ü. NHN.
Dort steht in unmittelbarer Nähe das „Pfeil“-Denkmal. Es ist Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil (1783 – 1859), ein Forstwissenschaftler und Schriftsteller gewidmet.
Pfeil war auch ein früher Vertreter der Waldästhetik. Also das Erleben vom einem Wald, der nur gering vom Menschen beeinflusst ist.
Auf meinem Weg vom „Pfeil“-Denkmal zur Prinzensicht denke ich über die Waldästhetik nach und bin dankbar, das der Wald nicht nur als Holzlieferant, sondern auch einen unschätzbaren Wert für die eigene menschliche Naturerfahrung hat. Ich genieße es, hier zu sein.
Prinzensicht und La Viershöhe
Nachdem ich durch Wald und teilweise offene Bereiche gewandert bin, erreiche ich den nächsten Aussichtspunkt mit Stempelkasten. Bei der Stempelstelle Prinzensicht kann man sowohl in das 200 m tief liegende Bodetal blicken, als auch auf der gegenüberliegenden Seite das „Bibrakreuz“ erblicken.
Der Weg von der „Prinzensicht“ in Richtung Hexentanzplatz führt an der Stempelstelle La Viershöhe vorbei. La Viershöhe ist, wie auch die beiden vorherigen Stempelstellen, ein Aussichtspunkt.
La Viers war ein Oberförster im 19. Jahrhundert und für die Oberharzer Forstgebiete zuständig. Ihm war die Schönheit der Landschaft des Bodetales bewusst und veranlasste daher Wanderwege für die stetig ansteigende Zahl an Harz-Touristen zu erschließen.
Wer weiß, vielleicht stand auch La Viers genau an der Stelle, wo ich gerade stehe und blickte mit Faszination auf die bizarren Felsen des Bodetales.
Das Ziel ist erreicht: Der Hexentanzplatz
Auf dem Hexentanzplatz angekommen, werde ich regelrecht vom Gewusel der Menschen erschlagen. Erstmal ein kleiner Schock für mich, da ich die letzten Stunden im stillen Wald verbracht habe und dort kaum jemanden begegnet bin. Jetzt habe ich hier das absolute Kontrastprogramm.
Der Hexentanzplatz bei Thale ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel. Es ist ein Plateau auf einer Felsenklippe, dessen Name auf einen altsächsischen germanischen Kultort zurückgeht. Vor allem in der Nacht zum 1. Mai, die Walpurgisnacht, solle man sich hier getroffen und geheime Rituale abgehalten haben.
Heutzutage lockt dieser Ort tausende von Touristen aus aller Welt an.
Das Gewusel wird mir langsam zu viel. Ich genieße zum letzten Mal den Ausblick über das Bodetal zum Brocken, bevor ich meinen Weg bergab zum Bahnhof Thale fortsetze.
Meine Tour ist hiermit zu Ende.
Ich zähle meine Stempel. Die ersten 6 Stempelabdrücke zieren mein Heft. Wow! Das ist für die Anfang nicht schlecht, aber die Stempeljagd hat ja erst gerade begonnen …
Mein Fazit
Auf dieser Wanderung erfährt man, was der Harz (zum Teil) ist: schroffe Felsen, wilder Fluss mit interessanter Geschichte und den Hexentanzplatz.
Der über 20 km lange Rundwanderweg kann man auch in 2 Etappen teilen; hierbei verläuft jeweils eine Tour von Thale nach Treseburg und umgekehrt.
Die Ausschilderung ist vorbildlich, aber ist an so einem beliebten Ort auch nicht anders zu erwarten. Vor allem für Wanderanfänger ist die Route, um den Harz kennenzulernen, auf jeden Fall zu empfehlen.
Der einzige Anstieg erfolgt über Weißen Hirsch, doch ist das erst mal überstanden, wird man an den verschiedenen Aussichtspunkte mit einem fantastischen Blick auf das Bodetal belohnt.
Letztendlich ist diese Tour ein Auftakt meiner„Harzer Wandernadel-Challenge“, die motiviert weiterzumachen.
Weitere Impressionen
Steckbrief: 1. HWN-Tour – Durch das Bodetal
Karte
Wegbeschaffenheit
hauptsächlich gut ausgebaute Waldwege
Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Bahn
Regionale Züge fahren nach Thale
Bus
Die Buslinien 245, 250, 251, 252, 253, 256 und 257 der Harzer Verkehrsbetriebe GmbH fahren nach Thale
Einkehrmöglichkeiten
Aufgesuchte Stempelstellen
Quellen und interessante Links
Hier findest du einiges an Lesestoff über das Bodetal und die Highlights der Wandertour:
- Webpräsenz des „Mythenweges“ in Thale
- Webpräsenz vom Bodetal – Der Sagenharz
- Beschreibung des Ramberggranit – Geomorphologische-Geologische Sammlung Humboldt-Universität Berlin
Warst du einmal im Bodetal? Wo hat deine erste Stempeltour zur Harzer Wandernadel angefangen?
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