Hallo da draußen

14. HWN-Tour: Im Nationalpark Harz

„Das Gedächtnis ist ein chaotisches Personalarchiv.“
© Manfred Hinrich (1926 – 2015), Dr. phil., deutscher Philosoph, Philologe, Lehrer, Journalist, Kinderliederautor, Aphoristiker und Schriftsteller

Shiiiiiiiiiiit!

Ich sitze mit B. im Zug auf dem Weg nach Ilsenburg. Da stelle ich etwas Erschreckendes fest: ich habe meine Speicherkarte für die Kamera vergessen.

Es ist Samstag und einige Geschäfte, die u.a. Speicherkarten verkaufen könnten, haben bereits geschlossen.

Mist.

Doch B. hat die Lösung: In Wernigerode gibt es ein Fotofachgeschäft und das hat heute sogar noch geöffnet. Schnell wird die nächste Busverbindung zur „bunten Stadt im Harz“ herausgesucht. 2 Stunden später sind wir wieder in Ilsenburg. Es hat alles geklappt.

Jetzt können wir unsere Wandertour endlich beginnen und dessen fotografische Dokumentation ist gerettet.

Der Nationalpark Harz

Unsere Tour wird heute eine große Rundtour durch den Nationalpark Harz sein. Der Nationalpark Harz ist einer der größten deutschen Waldnationalparks und außerdem der erste länderübergreifende Nationalpark Deutschlands.

Ganze 97 Prozent der Nationalparkfläche ist mit Wald bedeckt. Mit nahezu 25.000 Hektar Fläche nimmt er rund 10 Prozent der Gesamtfläche des Harzes ein und mehr als 7.200 Tier- und Pflanzenarten finden hier ein Zuhause – und genau dieses Zuhause werden wir heute ausgiebig erkunden.


Nationalpark Harz
Im Wald des Nationalparks Harz

Unser erstes Ziel (und Stempelstelle) ist der „Froschfelsen“. Dazu müssen wir aber zuerst auf dem 544 m ü. NHN liegenden „Meineberg“ hinauf.

Der Borkenkäferpfad

Der Einstieg zum „Froschfelsen“ erfolgt über den Borkenkäferpfad. Dieser Pfad ist mit einigen Erlebnis-Stationen und Informationsschildern ausgestattet um den Besucher das Leben des Borkenkäfers (Unterfamilie: Scolytinae) und seine Bedeutung für den Wald näher zu bringen.


Borkenkäferpfad
Eine Station des Borkenkäferpfades

Dieser 2,5 km lange Wanderweg gehört zu den 8 Erlebnispfaden, die im Nationalpark Harz errichtet wurden. Hierbei ist der Borkenkäferpfad dazu noch ein besonderer Pfad, denn er wurde in einem Gebiet angelegt, wo dieser Käfer einst großen Schaden anrichtete.

Doch die Natur weiß sich zu helfen und man vermutet, das Ende der 2020er Jahre, die ehemals befallenen Waldabschnitte wieder mit verschiedenen jungen Bäumen bewachsen sind. Der Pfad ist also ein Pfad auf Zeit.

Pflanzliche Entdeckungen

Momentan ist nicht viel von einem neuem Wald zu erkennen. Dennoch ist es nicht vollkommen kahl und leer, sondern allerhand interessante Pflanzen lassen sich hier entdecken.


Schmalblättriges Weidenröschen
Ein blühendes Schmalblättriges Weidenröschen (Epilobium angustifolium)

Einige Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium angustifolium) säumen den Pfad. Das ist nicht ganz verwunderlich, weil sie als Standort hauptsächlich Bereiche von Kahlschlägen, Böschungen, Fels- und Blockschutt bevorzugen. Da das schmalblättrige Weidenröschen eines der ersten Pflanzen ist, die sich auf diese Art von Untergrund ansiedeln, wird sie zu der Gruppe der „Pionierpflanzen“ gezählt.

Vereinzelt entdecke ich auch einige Büsche mit Himbeeren (Rubus idaeus). Neben Sanddorn und Heidelbeeren, gehören Himbeeren zu meinen Lieblingsfrüchten. Sie gehört ebenfalls, wie auch das schmalblättrige Weidenröschen, zu den Pionierpflanzen.


Wald-Himbeeren
Reife Wald-Himbeeren

Der Froschfelsen und die Westerbergklippe

Als wir den „Froschfelsen“ erreichen, erblicke ich – nun, ja – ein Haufen von Gesteinen. (Mein geologischer Blick kann bei einigen Dingen wirklich sehr nüchtern ausfallen; das soll aber nicht heißen, das ich keine Fantasie habe.)

Nach dem ersten Blick als Geologe, erfolgt ein zweiter Blick als Nicht-Geologe und sieh da – bei der etwa 5 m hohen Felsformation erkennt man die Form eines sitzenden Frosches.

Am besten lässt sich ein Frosch von der Seite der Gesteinformation erkennen. (s. Bild unten: Die Felsformation ist frontal von mir fotografiert worden. Wer hier einen Frosch erkennt – Glückwunsch! Du hast sehr viel Fantasie!)


Froschfelsen
Der Froschfelsen

Der „Frosch“ entstand durch die Wollsackverwitterung: eine Verwitterungsform, die häufig bei den zahlreichen Granitfelsen im Harz zu beobachten ist.

Aufgrund seiner lokalen Bedeutung ist der „Froschfelsen“ als Naturdenkmal ausgewiesen. Und natürlich ist er auch ein beliebtes Wanderziel. Doch heute sind nur B. und ich die einzigen Besucher.

Ich drücke meinen ersten Wanderstempel in das Heft. B. war bereits einmal hier und braucht daher den Stempelabdruck nicht noch einmal. Er tummelt sich lieber bei dem „Frosch“ herum.

Es geht weiter nach Süden am „Frosch“ vorbei zu den „Westerbergklippen“. Sie sind ebenfalls eine Gesteinsformation aus Granit und dazu noch ein Nebengipfel vom Meineberg.


Westerbergklippen
Die Westerbergklippen

Diese Klippen befinden sich an einem Berghang und können ganz bequem über eine Treppe bestiegen werden. Wir lassen unseren Blick über die Landschaft schweifen. Unter uns liegt das Ilse- und Rohntal und in der Ferne ist sogar der Brocken noch gut zu sehen.

Die Taubenklippe

Es geht weiter zur nächsten Klippe: die Taubenklippe. Hier wartet die zweite Stempelstelle auf uns.

Wie auch der „Froschfelsen“ und die „Westerbergklippen“, besteht die „Taubenklippe“ ebenfalls aus Granit. Nahezu alle Harzklippen sind aus diesem Gestein aufgebaut. Zudem haben viele den Status eines Naturdenkmals.


Taubenklippe
Blick auf den Brocken

Mit wenigen Schritten haben wir die Klippe erklommen. Von hier aus blickt man auf das Eckertal. Auf der gegenüberliegenden Seite hinter Bäumen versteckt, liegt die Rabenklippe mit seinem Waldgasthaus. Weniger versteckt in der Ferne ist der Brocken mit seiner Brockenstation zu erkennen.

Das Eckertal, das uns von den Rabenklippen trennt, war einst auch von historischer Bedeutung, denn einst verlief hier die innerdeutsche Grenze. Wir bleiben auf der ostdeutschen Seite und setzen unseren Weg weiter fort.

Wir kommen an einer Anhöhe vorbei, die uns zuerst schockieren lässt. Graue, kahle Stämmen von Nadelbäumen stehen in Reih und Glied neben den Wanderpfad. Was ist hier passiert?!


Waldsterben Harz
Waldsterben im Harz

Der Borkenkäfer war hier am Werk. Die Nadelbäume, die wir hier erblicken sind praktisch tot. Würde hier ein starker Wind toben, würden die bleichen grauen Stämme einfach umknicken wie Streichhölzer.

B. und ich versuchen möglichst schnell unseren Weg fortzusetzen um diesen traurigen Ort zu verlassen. Doch so froh wir auch sind, bald wieder einen grünen Wald zu betreten, so enttäuschter sind wir von unserem Wanderpfad, der nun vor uns liegt.

Der Grenzweg – Oh Nein!!!

Von der „Taubenklippe“ geht es erstmal in Richtung Süden. Hier kreuzen wir den Harzer Grenzweg. Für B. ist es das erste Mal, das er diesen betritt, während ich schon eine leidliche Geschichte hinter mir habe (siehe diesen Bericht).

B. interessiert sich sehr für die innerdeutsche Geschichte und so war es für ihn besonders wichtig, den Harzer Grenzweg einmal zu betreten.


Grenzweg
Der Harzer Grenzweg

Die anfängliche Vorfreude seinerseits weicht aber bald einer Enttäuschung. Wie auch bei meiner Wanderung in Ellrich, passe ich auf, das ich nicht in die Löcher der eingelassen Steinblöcke trete. B. folgt meiner Vorsicht. Wo bleibt da das Wandervergnügen?! B. ist verärgert und grummelt nun vor sich hin. Völlig berechtigt. Ich weiß, wie er sich jetzt fühlt.

Wir gehen auf den Mittelstreifen im Gänsemarsch, da dieser – Gottseidank – keine Löcher aufweist. Immerhin ist das eine Lösung.

„Hoffentlich sind wir bald beim Kruzifix.“, schallt es mir durch den Kopf.

Der Schmetterling vom Grenzweg

Die Sonne kommt nun etwas hervor. Fast fühlt es sich an, als hätte sie Mitleid mit uns und will wenigstens ein paar tröstende Sonnenstrahlen spenden. Ein Tagpfauenauge (Aglais io) flattert umher und setzt sich schließlich auf einer der „Löcher-Steine“, klappt seine Flügel auseinander und scheint die Sonne zu genießen. Eine gute Gelegenheit ein Foto von diesem wunderschönen Schmetterling zu machen.

Eigentlich ist es ungewöhnlich um diese Jahreszeit noch Schmetterlinge zu beobachten, doch dank des Klimawandels können Tagpfauenaugen zwei statt einer Generation im Jahr bilden. Sie gehören daher, in Bezug auf den Klimawandel, zu den Gewinnern.


Tagpfauenauge
Ein Tagpfauenauge (Aglais io)

 


Das Kruzifix

B. und ich seufzen. Eine ganze Weile gehen wir nun auf dem Harzer Grenzweg. Da erreichen wir endlich die Wegkreuzung, die zwischen Ilsenburg und Eckertalsperre liegt. Dort befindet sich auch das „Kruzifix“ – unsere dritte Stempelstelle.

Die erste Erwähnung eines Kreuzes stammt aus dem 17. Jahrhundert. Beim Bau der innerdeutschen Grenze wurde das ursprüngliche Kreuz zerstört. Erst nach der deutschen Wiedervereinigung wurde das heutige Kreuz wieder an der Stelle errichtet, wo das ursprüngliche Kreuz einst stand.

Wir machen hier eine kleine Rast.

Wir stellen zudem fest, das wir nicht mehr lange auf dem Grenzweg gehen müssen. Das Wandervergnügen kann also bald wieder beginnen.

Rangerstation Scharfenstein und Stempelsbuche

Als wir die Rangerstation erreichen, ist sie geschlossen. Das ist aber soweit nicht schlimm, denn wir sind hauptsächlich wegen dem Stempelkasten hier.

Die Rangerstation liegt unterhalb der „Scharfensteinklippe“. Sie ist ein beliebter Treffpunkt bei Wanderern und Radfahrer. Sie ist sowohl ein Selbstbedienungsimbiss als auch ein Informationszentrum. Wer mehr über den Nationalpark erfahren möchte, ist hier genau richtig.

Nach einer kurzen Rast gehen wir zur nächsten Stempelstelle: Die Stempelsbuche.


Stempelbuche
Stempelstelle „Stempelsbuche“

Sie ist eine eher unscheinbar Stempelstelle mit einer kleinen Holzhütte, in der sich der Stempelkasten befindet. Der Name stammt von einer mächtigen Buche (Fagus sp.) die hier einst stand, aber mittlerweile erinnert nur noch ein Baumstumpf an den ehemals mächtigen Baum.

Da wir uns hier auf einer Wegkreuzung befinden, hat man viele Möglichkeiten, seinen Wanderweg fortzusetzen. Wir entscheiden uns weiter nach Osten zu gehen.

Wir überqueren die Ilse und erreichen somit nicht nur das Ilsetal, sondern auch unsere letzte Stempelstelle für den heutigen Tag: den Ferdinandsstein.

Der letzte Wolf

Um zum Ferdinandsstein zu gelangen, müssen wir wahrlich über Stock und Stein gehen. Vorallem über Stock. Der Weg, der zum Ferdinandsstein führt, ist von allerhand Geäst und Holz bedeckt. Da ist es gar nicht einfach, darüber zu steigen.


Ferdinandsstein
Ein etwas beschwerlicher Weg zum Ferdinandstein

Beim Stempelkasten angekommen, erinnert ein Aufschrift auf einem Gestein an eine traurige Geschichte. Der Graf Ferdinand zu Stolberg-Wernigerode hat hier an der Stelle des Felsen den letzten freilebenden Wolf (Canis lupus) im Harz erlegt. Armes Tier.

Etwas Kritik an dieser Stelle: Warum verewigt man den Namen der Person, die die letzte Art einer Gattung erlegt hat?! Kann der Fels nicht „Wolfstein“ heißen? Sollte man nicht eher an das Tier denken, als an dessen Mörder? Hm, manchmal kann ich Gedenkplätze und ihre Funktion einfach nicht verstehen. Mich wühlt sowas immer innerlich auf!


Ferdinandsstein
Dem Ferdinandstein ganz nah

Der (alte) bekannte Rückweg

Nach dem Besuch bei der letzten Stempelstelle geht es weiter nach Norden zurück nach Ilsenburg. Hier finden wir einen Waldfad vor, den B. und ich nur zu gut kennen.

Es geht vorbei am Gasthaus Plessenburg und dann hinab ins Ilsetal. Es wird langsam dunkel, aber den Weg sind wir ja bereits zweimal gegangen (s. Bericht: hier und hier) und daher stört uns die langsam kommende Abenddämmerung eher wenig.


Ilsetal
Das Ilsetal

Leise plätschert die „Ilse“ vor sich hin. Sie scheint sich selbst so langsam in den Schlaf zu säuseln. Auch wir können bald vor uns hin schlummern, denn bis zum Bahnhof ist es nicht mehr allzu weit.

Völlig erschöpft, aber glücklich, betreten wir den Zug.

Speicherkarte, Nationalpark, Pflanzen, Tiere, Harzer Grenzweg, Stempelstelle „Froschfelsen“, „Taubenklippe“, „Kruzifix“… . Obwohl ich körperlich schon am schlummern bin, rasen meine Gedanken im Kopf. Der Verarbeitungsmodus im Gehirn ist nun aktiviert.

Ich mache die Augen zu und lasse mein Gehirn einfach arbeiten.

Zzz…zzz…zzz.

Mein Fazit

Die Tour ist für Harz-Fans und Wanderenthusiasten geeignet. Sie ist zwar knapp über 30 km lang, vermittelt abe dafür ein schönes Gesamtbild vom Nationalpark Harz.

Die Wege hier sind hauptsächlich gut befestigt, nur beim „Harzer Grenzweg“ sollte man auf die Löcher in den Platten aufpassen – hier kann man schnell in so ein Loch hineintreten. Diese Tatsache schmälert ein wenig das Wandervergnügen.

Diese Tour ist für alle empfehlenswert, die sich den ganzen Tag auf einer Wandertour befinden möchten und dabei den Nationalpark Harz näher kennenlernen möchten.


Steckbrief: 14. HWN-Tour – Wanderung im Nationalpark Harz

Karte

Wegbeschaffenheit

  • vorwiegend Waldwege, teilweise gut ausgebaut, Harzer Grenzweg besteht aus Lochbetonsteinplatten

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Einkehrmöglichkeiten

Aufgesuchte Stempelstellen


Quellen und lesenswerte Links

Du willst mehr über den Nationalpark Harz erfahren? Dann klicke auf die folgenden Links:


Warst du schon einmal im Nationalpark Harz? Oder hast du bereits andere Nationalparks besucht? Was hast du dort erlebt?

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